Das Projekt „Die Verlorenen Worte“ |
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Ich möchte Euch allen für Eure Geduld danken. Die Wörter, die der deutschen Sprache und den Menschen gestohlen wurden, müssen zurückgebracht werden, damit Ihr wieder ganz sein könnt. Daran arbeiten die engagierten Wortfinderinnen fleißig, ehrenamtlich, jede Woche. Der Verlust dieser Wörter ist ein Unrecht, das dem deutschen Volk angetan wurde. Wir werden in unseren Bemühungen nicht nachlassen, bis alle sieben Ungerechtigkeiten rückgängig gemacht sind. - W |
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Die Suche beginnt: Wir haben es uns als Wortfinderinnen zur Aufgabe gemacht, die verlorenen Worte der deutschen Sprache wieder ans Licht zu holen und unseren Wortschatz damit zu bereichern. Es ist eine bestimmte Art von Worten, nach denen wir suchen: Worte, die nicht mehr verwendet werden, deren Bedeutung zerstört wurde und die in Vergessenheit gerieten. Worte, die unsere Urgroßmütter noch kannten und benutzten und die es den Menschen ermöglichten, sich auf der Herzensebene zu verbinden. Du findest sie in Sprüchen, Sagen, Gedichten, Märchen, in Volksliedern oder Erzählungen, die untrennbar mit unserer Heimat verwurzelt sind. Ab heute stellen wir euch in unserem Wortfinder-Rundbrief regelmäßig eines unserer gefundenen Worte vor. Worte wie: „Feinsliebchen“ [faɪ̯nsˈliːpçən] Bekannt aus dem Lied „Horch, was kommt von draußen rein…“ (Text und Melodie: aus Baden, 19. Jhd.) |
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D’ Leute haben’s oft gesagt, hollahi, hollaho! Daß ich kein fein’s Liebchen hab, hollahijaho! Laß sie red’n, ich schweig’ fein still, hollahi hollaho! Kann doch lieben, wen ich will, hollahijaho! Wenn ich dann im Himmel bin, hollahi, hollaho! Ist mein Liebchen auch darin, hollahijaho! Denn es ist ein alter Brauch, hollahi, hollaho! Was sich liebt, das kriegt sich auch, hollahijaho! |
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Bedeutung: „Feinsliebchen“, „feins Liebchen“ oder „feines Liebchen“ – Wörter, die den Traum an ein schönes, romantisches und feinsinniges Deutschland beschwören. Mindestens sechsundzwanzig Mal kommt das Wort „Feinsliebchen“ in „Des Knaben Wunderhorn“ der Verfasser Clemens Brentano und Achim von Arnim vor (erschienen von 1805 bis 1808). Es wurde im 19. Jahrhundert häufig in der Lyrik verwendet, darunter auch als veraltetes Synonym für den Begriff „Geliebte“. 1893/94 verfasste z.B. Johannes Brahms ein wohl bekanntes Volkslied mit dem Titel: „Feinsliebchen, du sollst mir nicht barfuß geh‘n“. Der gedachte mysteriöse Zusammenhang zwischen deutschen Frauen und dem alten schönen Klang war nirgendwo anschaulicher als beim „Feinsliebchen“. Das Wort wurde begeistert aufgenommen, nachdem es einmal mit dem „Wunderhorn“ Zugang zur dichterischen Welt erhalten hatte. Heinrich Heine übertrifft in seinem lyrischen Band „Buch der Lieder“ (1827) Arnim und Brentano noch mit der Zahl seiner „Feinsliebchen“: „Feins Liebchen weint; ich weiß warum, und küß’ ihr Rosenmündlein stumm.“ Auch ihm sagt man nach, er hätte viele „Feinsliebchen“ gehabt. Heute dürfen wir das Wort „Feinsliebchen“ für uns in all seinem feingliedrigen, romantischen Ausdruck fernab jeden Klischees verwenden. Es zeigt sich wie ein romantischer Ruf aus zauberhafter Ferne und bezeichnet heute wie damals unsere große Liebe, unser „Herzallerliebstes“, unser „Feinsliebchen“ aus tiefster inniger Verbindung und Zuneigung. Weitere Verwendung: „Was soll ich länger weilen, Daß man mich trieb‘ hinaus? Laß irre Hunde heulen vor ihres Herren Haus! Die Liebe liebt das Wandern, Gott hat sie so gemacht – von einem zu dem andern – Fein Liebchen, gute Nacht!“ (Wilhelm Müller, „Winterreise“, 1823) „Es stehen zwei Sternlein an dem Himmel, scheinen heller als der Mond , Der ein’ scheint vor Feinsliebchens Fenster, Der andere vor die Kammerthür.“ (Georg Büchner, „Dantons Tod“, 1835) |
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Weitere Kostproben gefundener Wörter: der „Freudenblütenkranz“, aus einem Heimatgedicht entnommen, Ausdruck einer unbeschwerten, großen Freude und einer Leichtigkeit des Lebensgefühls: „Junge götter der freude schwebet, alle schwebt heran im tanz, flattert um ihn her und webet einen freudenblütenkranz.“ „freundselig“, wie auch holdselig, friedselig (Gegensatz: „feindselig“); eine freundschaftliche, wertschätzende, „freundselige“ Begegnung oder auch zuversichtliche Begebenheiten: „[…] und doch kan der tag nit lang mehr verweilen, die freundselige schatten mit seinen strahlen zu verjagen.“ (Servius Tullius, München 1685) „Er ist mir sehr freundselig begegnet.“ das „Laubgesäusel“, bildhafter, poetischer Ausdruck für aneinanderraschelnde Blätter eines Baumes im Sommerwind oder für das herabfallende Laub im Herbststurm, vermittelt Behaglichkeit und Geborgenheit: „Wer bey sommernächt'gem Laubgesäusel An dem Ufer eines Baches liegt, Wo zur Welle schwätzendem Gekräusel Schilfgeflüster sich melodisch fügt, Auch die Nachtigall mit süßem Dehnen Tiefe Seufzer diesem zugesellt, Da der Allgewalt von solchen Tönen Rings versinken muß die ganze Welt!“ (Johann Peter Eckermann) „ […] unter sanft einschläferndem laubgesäusel träumt des mägdleins kuss, und erwacht, der jüngling.“ |
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Bald wird unsere Internetseite veröffentlicht – dann brauchen wir Deine Unterstützung: Stöbere in Bibliotheken, im Keller oder auf dem Dachboden in alten Büchern nach Dir unbekannten Worten – werde auch Du ein Wortfinder oder eine Wortfinderin! |
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Herzliche Grüße von den Wortfinderinnen |
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