Navacopah Telegramm                                                                2/2023

Friede, Freude, Eierkuchen.

Kinder, die im Port tanzen, lachen, werkeln, spielen und sich freuen. Oft sind dies die Eindrücke, die man aus den Bildern entnimmt und von den Programmen hört. Wie auch auf diesem Bild: Sie lachen doch. Das Mädchen sieht doch total glücklich aus. Doch hinter der Friede-Freude-Eierkuchen-Fassade stecken leider auch Wirklichkeiten, die alles andere als friedlich oder fröhlich sind. Was dieses Mädchen erwartet hat, wenn sie nach Hause kam, das sah keiner. Und so möchte ich dieses Telegramm nutzen, um auch einmal von sehr herausfordernden Seiten der Arbeit im Port zu berichten.

In Obhut. 

Fünf Mädchen, die wir seit zwei Jahren begleiten, erlitten täglich schweren sexuellen Missbrauch und Gewalt durch eigene Familienmitglieder. Als eines der Mädchen den Mut besaß, davon den Mitarbeitern im Port zu erzählen, nahmen wir die Kinder in Obhut. Ein sehr harter Prozess bei Gericht, Drohungen und die Gefährdung der Sicherheit im Port zogen sich über viele Wochen hin. Drei Mädchen werden nun im Port wohnen bleiben, da sie trotz Verurteilung der Täter in ihrer Familie nicht mehr sicher sind und ihr Leben gefährdet ist. Zwei weitere Mädchen leben teilweise im Port, wenn ihre Mutter nicht Zuhause ist. Dieser Prozess fühlt sich nicht für alle unserer Mädchen in Obhut gleich wie eine Befreiung an, da sie mit Verleumdung seitens der eigenen Mutter und dem Hass des ganzen Familienclans konfrontiert werden. Ein emotionaler Wahnsinn, den man diesen mutigen Mädchen eigentlich ersparen wollen würde. So hat sich eines der Mädchen in den ersten Wochen versucht das Leben zu nehmen. Sich als Mensch wieder zu spüren, versuchen die Mädchen auf unterschiedliche Weise zu erfahren. Wir beten und hoffen auf viele Erfahrungen, die den Mädchen zeigen, dass sie wertvoll sind und dass sie jedes Recht haben, mit Würde zu leben. Das viele Tanzen, Singen und handwerkliche Tätigkeiten im Port helfen dabei sehr. Doch auch im System auf den Philippinen ist alles andere als Friede, Freude, Eierkuchen vorzufinden. Wir wurden von der Polizei und von der Sozial-Behörde fast allein gelassen. Ohne extreme Hartnäckigkeit wäre der Fall einfach ignoriert wurden. Unsere Koordinatorin musste und muss weiterhin Anklagen seitens der Familie und gerichtlichen Prozessen standhalten, sowie auch Navacopah Inc. als Institution. Es ist nicht leicht, der einzige Ort auf der Insel zu sein, der sich solcher Fälle annimmt.

Reparaturen an Haus und Team.  

...einige Reparaturen dauern sehr lange an, da immer wieder etwas Dringenderes erledigt werden musste. Besonders die Gerichtsprozesse der Missbrauchs-Fälle haben oft das gesamte Team eingespannt.

Das Dach der Black Pearl ist immer noch in Arbeit, da es weiterhin reingeregnet hat. Der Brunnen musste auch ein neues Dach bekommen (Welches vergangenes Jahr von dem Supertaifun zerstört wurde). Da das Trinkwasser sehr teuer ist für so viele Leute, ist die Fertigstellung des Brunnens mit einem Filtersystem eines der wichtigen Projekte dieses Monats. Wir hoffen auf die verlässliche Nutzung des Brunnens. In ein paar Tagen beginnt das Sommer-Camp im Port und wir hoffen, dass alles funktioniert und sauber genug ist. Doch auch im Team musste wieder ein bisschen "operiert" werden. Unsere Köchin hat sich vergangenen Dezember den Arm so schwer gebrochen, dass er bis heute nicht vollständig wieder einsatzfähig ist. Sie hat wieder angefangen zu arbeiten, doch wir wissen zur Zeit noch nicht, ob sie die anfallenden Arbeiten alleine schaffen kann. Unsere Kinder-Botschafterin (Sozialarbeiterin) ist seit letzter Woche ins Ausland gegangen, um dort zu arbeiten. Trotz solcher personellen Schwankungen im Team sind wir sehr dankbar für sehr zuverlässige, engagierte Team-Mitglieder, die für die Kinder im Port kämpfen und immer wieder neue Ideen finden, mit Herausforderungen umzugehen. Dabei sind zum Beispiel die unliebsame Nutzung von Spielsachen im Port und die daraus resultierende Dezimierung der Spiele, sorgfältiger Umgang mit Material und Müll, die bürokratischen und oft unrealistischen Vorgänge in Zusammenarbeit mit der Regierung immer wieder Themen, die neue Lösungswege und Ideen des Teams benötigen.

Wie jetzt, ein Telegramm voll von bedrückenden Zeilen?

Ja, ich hatte schon gesagt, dass ich in diesem Telegramm mal von ein paar herausfordernden Seiten des Port-Lebens berichten werde. Es kann ja nicht immer nur Friede-Freude-Eierkuchen geben.

Aber zu guter Letzt lass ich auch mal unsere Volontärin Sophia sprechen, die die letzten Monate im Port alles persönlich miterlebt hat und ein paar Momente aus ihrer Zeit mit euch teilt.

Ein Schwank aus dem Navacopah Port

Eine meiner Lieblingsmomente in Navacopah sind sicherlich die unzähligen Stromausfälle bei Dunkelheit. Das ist immer ein richtiges Erlebnis. Meistens hocken dann alle zusammen im Shelter oder in der Küche mit ein/ zwei Taschenlampen, um das Abendessen fertig zu kochen, gemeinsam Kartenspiele zu spielen oder einfach nur herum zu albern. Oft dauert der Stromausfall nur einige Minuten, aber manchmal eben auch nicht und es zieht sich über einige Stunden. Im Port ist das aber kein Problem, denn dann rücken einfach alle ein bisschen mehr zusammen, um nicht im Dunklen zu sitzen. Ist der Strom dann plötzlich wieder da,  dann gibt es ein riesen Jubeln der Kids, was man durch den ganzen Dschungel hört. Durch diese Erfahrung (und auch viele andere) ist mir wieder bewusst geworden, dass es oft die kleinen Dinge im Leben sind, die glücklich machen.

 

Einige andere super lustige Momente waren immer die Schlangenfunde auf dem Gelände. Egal, wo man auf dem Gelände zu dem Zeitpunkt war, man hat anhand des Geschreies gehört, dass mal wieder eine Schlange oder sonstiges giftiges Tier gesichtet wurde. Das war dann immer eine kleine Attraktion, wo alle sich versammelt haben, schauen wollten und wir viel zusammen gelacht haben.

Ich bin super beeindruckt von den herzlichen Kids und dem engagierten Team in Navacopah. Die Kids sind alle super hilfsbereit und unfassbar kreativ. Die Jungs bauen sich aus alten Teilen und Resten Angeln und Speere zum Fischen im Fluss, und präsentieren mir anschließend ganz stolz ihre Ausbeute, die sie danach in der Pfanne zubereiten. Die Mädels sind oft am Karaoke singen und haben richtig gute Tanzmoves drauf. Das Staff Team ist super cool und alle haben ihr Herz wirklich am richtigen Fleck und investieren sich sehr in die Kids und den Port. Ich finde es wirklich sehr beeindruckend zu sehen, wie viel Herzblut von so vielen verschiedenen Menschen in diesem Projekt steckt.

Der Port braucht noch Patenschaften.

 

Ahoi!

euer Navacopah Telegramm

Navacopah e.V, Seebener Str. 192, 06114 Halle (Saale), Germany
0345-2905866

Auf Social Media teilen

Auf Facebook teilenAuf X (Twitter) teilenAuf Pinterest teilen

Zur Website  
Diese E-Mail wurde mit Wix erstellt.‌ Mehr entdecken