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Diskiminierung Wenn Homosexualität als Verbrechen gilt: Ugandas Parlament verabschiedet strenges Anti-LGBTQ-Gesetz

Ein ugandischer Mann trägt einen Aufkleber mit der Aufschrift "Einige Ugander sind schwul. Finde dich damit ab"
Ein ugandischer Mann trägt einen Aufkleber mit der Aufschrift "Einige Ugander sind schwul. Finde dich damit ab"
© Rebecca Vassie / AP / DPA
Es ist ein düsterer Tag für die Menschenrechte. 387 von 389 Abgeordneten im Parlament von Uganda haben dafür gestimmt, Homosexualität mit lebenslanger Haft, angeblich teils mit dem Tod zu bestrafen. Uganda ist damit nicht allein.

Das Parlament im ostafrikanischen Uganda hat am Dienstag ein Gesetz verabschiedet, das harte Strafen bei gleichgeschlechtlichen Beziehungen vorsieht. Homosexuelle Handlungen könnten laut Medienberichten in Zukunft mit lebenslanger Haft, "schwere" Fälle sogar mit dem Tod bestraft werden. Dem Nachrichtensender "Al Jazeera" zufolge ist mit schweren Fällen "unter anderem homosexueller Sex mit Personen unter 18 Jahren oder wenn eine Person HIV-positiv ist" gemeint.

Damit offenbar nicht genug. Auch die "Anwerbung, Förderung und Finanzierung" gleichgeschlechtlicher "Aktivitäten" mit soll lebenslanger Freiheitsstrafe geahndet werden. Mit anderen Worten: Freunde, Familienmitglieder und Bekannte von Homosexuellen wären dazu verpflichtet, Menschen mit gleichgeschlechtlichen Beziehungen den Behörden zu melden. Damit wäre Uganda das erste Land in Afrika, dass allein die Zugehörigkeit zur LGBTQ-Gemeinschaft unter Strafe stellt. 

Überwältigende Mehrheit im ugandischen Parlament stimmt für Anti-LGBTQ-Gesetz

Die Abgeordneten hatten den ursprünglichen Gesetzestext erheblich geändert. Dieser sah bis zu zehn Jahre Haft für Menschen vor, die gleichgeschlechtliche Handlungen vornehmen oder sich als Mitglieder der LGBTQ-Gemeinschaft bezeichnen. Die Abkürzung LGBTQ steht für lesbisch, schwul, bisexuell, transgender und queer. Es war zunächst nicht klar, welche Strafen das neue Gesetz genau vorsieht. 

Parlamentspräsidentin Annet Anita Among sagte nach der Schlussabstimmung, bei der alle bis auf zwei der 389 Abgeordneten für die Verschärfung der Strafen stimmten, "das Gesetz wurde in Rekordzeit verabschiedet". Bei der Verabschiedung des Gesetzes riefen die Parlamentarier immer wieder homophobe Kommentare. Eine der Abgeordneten forderte, Homosexuelle zu kastrieren. Der Parlamentarier John Musila trug einen Kittel mit der Aufschrift: "Say No To Homosexual, Lesbianism, Gay".

Der Entwurf muss nun Präsident Yoweri Museveni vorgelegt werden, der ihn entweder absegnen oder sein Veto einlegen kann. Dass sich Museveni für Letzteres entscheidet, ist allerdings gelinde gesagt unwahrscheinlich: Museveni, der seit 1986 an der der Regierungsspitze sitzt, gilt selbst als homophob. In einem CNN-Interview vor einigen Jahren beispielsweise nannte er Homosexuelle "widerlich", erst kürzlich bezeichnete er sie als "Abweichler" – der Westen versuche, Homosexualität in anderen Ländern offensiv zu "normalisieren".

Aktivisten kritisieren neues Gesetz als verfassungswidrig

Human Rights Watch kritisierte bereits im Vorfeld das Gesetz. "Die potenziellen Auswirkungen sind weitreichend", sagte Oryem Nyeko, Uganda-Experte bei Human Rights Watch. Abgesehen von der Einschränkung der Grundrechte auf Privatsphäre, Meinungsfreiheit und Vereinigungsfreiheit schaffe diese Art der Kriminalisierung von Menschen ein Klima der Angst und fördere Diskriminierung. "Der Gesetzentwurf ist schlecht durchdacht, er enthält Bestimmungen, die verfassungswidrig sind, macht die Erfolge im Kampf gegen geschlechtsspezifische Gewalt zunichte und kriminalisiert Einzelpersonen statt Verhaltensweisen, die gegen alle bekannten Rechtsnormen verstoßen", sagte Odoi-Oywelowo, einer der nur zwei Abgeordneten, die gegen das Gesetzt stimmten, laut dem britischen "Guardian". Der Aktivist Eric Ndawula twitterte: "Die heutigen Ereignisse im Parlament sind nicht nur unmoralisch, sondern ein kompletter Angriff auf die Menschlichkeit". 

Homosexualität ist in Uganda bereits verboten

Homosexualität ist in Uganda, einem weitestgehend konservativ-christlichen Land, bereits verboten. Die strengen Gesetze sind ein Erbe der britischen Kolonialzeit. Seit seiner Unabhängigkeit von Großbritannien im Jahr 1962 gab es allerdings keine Verurteilung wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen.

Das neue Gesetz wird in Uganda von einer breiten Öffentlichkeit unterstützt. In den vergangenen Monaten gab es zahlreiche Verschwörungsmythen, in denen internationale Kräfte beschuldigt werden, Homosexualität in Uganda zu fördern.

In der vergangenen Woche gab die Polizei bekannt, in der südlichen Stadt Jinja sechs Männer wegen der "Praktizierung von Homosexualität" festgenommen zu haben. Weitere sechs Männer seien am Sonntag wegen des gleichen Vorwurfs festgenommen worden.

2014 hatte die Justiz in Uganda ein bereits von den Abgeordneten gebilligtes und Präsidenten Museveni unterzeichnetes Gesetz blockiert, das gleichgeschlechtliche Beziehungen mit lebenslanger Haft bestraft. Das Vorhaben hatte weltweit Empörung ausgelöst.

Homosexualität in rund 30 afrikanischen Ländern verboten

"Es gibt eine Menge Erpressungen. Die Leute erhalten Anrufe, in denen es heißt: 'Wenn du mir kein Geld gibst, werde ich melden, dass du schwul bist'", erklärte ein Aktivist der BBC. Dem "Guardian" zufolge meldeten in Uganda mehr als 110 Mitglieder der LGBTQ-Gemeinde allein im vergangenen Monat der Interessenvertretung Sexual Minorities Uganda Fälle von Verhaftungen, sexuelle Gewalt, Zwangsräumungen und öffentlichem Entkleiden. 

Uganda ist damit allerdings nur Teil einer homophoben Welle, die zuletzt die Region erfasste. Auch in anderen Ländern Ostafrikas verschärfte sich zuletzt das Klima für Schwule und Lesben. So hatte eine führende Politikerin der tansanischen Regierungspartei am Wochenende die Kastration homosexueller Menschen gefordert. Kenias Präsident William Ruto sagte Anfang März, Homosexualität habe in seinem Land keinen Platz.

Gleichgeschlechtlicher Beziehungen sind derzeit in rund 30 afrikanischen Staaten verboten.

Quellen: "Africa News"; "The Guardian"; "BBC"; "Al Jazeera"; mit Material der Nachrichtenagenturen DPA und AFP

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