Der Vielfalt ein Zuhause geben!

Im Jahr 2016 sind wir nach Oppenwehe gezogen, sozusagen an den Südrand der Norddeutschen Tiefebene. Wir leben jetzt in einem Resthof, ein Standort der jahrhundertelang landwirtschaftlich genutzt war. Zu dem Backsteinhof gehört ungefähr einhalber Hektar Land. Dieses war viele Jahre als Mähwiese genutzt, eingesät mit einer Monokultur von Futtergras. Seit Herbst 2016 machen wir aus dieser Fläche einen Garten – nicht nur für uns, es soll ein Garten der Vielfalt werden. Wir hatten zu kämpfen mit Dürre im sandigen Boden, Hitze und einer unerbittlichen Sonne, die über Wochen die Wiesenpflanzen verbrannt hat, Stürmen mit orkanartigen Böen, einer riesigen Population von Wühlmäusen, Heerscharen von Engerlingen, und im Februar 2021 mit außergewöhnlich eisiger Kälte von minus 20 Grad und Massen von Schnee mit Verwehungen.

Wir haben von Anfang an Wildblumen ausgesät. Es gab ein Meer von rotem Mohn, einen Ozean von blauen Kornblumen, viele weiße und violette Sprenkel von Kornrade und jede Menge andere Blüten. Sie alle habe miteinander eine große Vielfalt von Bestäubern angelockt, und diese wiederum haben Vögel angezogen. Meisen kamen und Buchfinken, Stare und Sperlinge, und die Distelfinken kommen, um sich an Sonnenblumen und Disteln satt zu essen. Hin und wieder schaut der Sperber vorbei. Marder und Fuchs helfen, die Wühlmäuse in Schach zu halten. Und in regenreichen Zeiten kommt der Bussard und holt sich von den riesigen Regenwürmern, die vor dem Wasser im Boden flüchten. Wir hatten auch schon ein paar Würfe neugeborener Feldhasen versteckt in ihrer Sasse.

Über die Jahre sind es mehr Tiere geworden: mehr Individuen und mehr Arten. Der klitzekleine Zaunkönig findet Essbares in der Ziegelmauer des Hochbeetes, die Heckenbraunelle hat ergiebige Stellen für sich entdeckt, Drosseln holen sich im Spätwinter die Beeren des alten Efeu. Wo noch im Frühling 2016 eine Monokultur von Futtergras stand, wachsen nun viele Blütenstauden und leben Schmetterlinge und Nachtfalter, Schwebfliegen und Hummeln, kleine Heuschrecken und große Grashüpfer, Spinnen und Käfer, Solitärbienen und Wespen ebenso wie Hornissen und Honigbienen in großer Zahl. Die Wiese wimmelt vonAmeisen, an denen sich der Grünspecht freut.

Der Vielfalt ein Zuhause geben! ist das Motto. 2020 habe ich die „Oppenweher Wildblumen-Mischung“ zusammengestellt. Alle sind in unserem Garten gewachsen. Für das Etikett habe ich einen Holzschnitt mit einer Mohnblüte verwendet und auf die Rückseite eine Pflegeanleitung gedruckt – von Hand gesetzt aus der Optima. (Im Moment vergriffen)

In 2022 gibt es nun ein besonderes Extra: Ein Tütchen voll mit Samen eines meiner Favoriten – der Kornrade, natürlich aus unserem Garten. Wir hatten schon in den 1990er Kornrade im Garten – damals waren die Samen schwer zu bekommen und Kornrade galt als nahezu ausgerottet. Nun macht sie ein Comeback als Gartenschönheit. Für das Tütchen habe ich ein Etikett gedruckt mit einem Farb-Linolschnitt und einer Pflegeanleitung sowie ein paar Informationen zur Geschichte der Kornrade – von Hand gesetzt aus der Optima und druckfrisch zur Messe BuchDruckKunst in Hamburg von 1.-3. April 2022 – genau richtig zur Aussaatzeit im Frühjahr.

Das umfassende Werk für alle, die ihren Garten zum Naturgarten machen wollen: Adrian Thomas „Gardening for Wildlife – A Complete Guide to Nature-friendly Gardening“ 2017, Bloomsbury, London+NY

Quellen für biologisches Saatgut von Wild- und Nutzpflanzen:

Bingenheimer Saatgut AG, Kronstraße 24, 61209 Echzell, www.bingenheimersaatgut.de
Dreschflegel Bio-Saatgut, In der Aue 31, 37213 Witzenhausen,
www.dreschflegel-saatgut.de
Hof Berg-Garten, Björn Lau, Lindenweg 17, D-79737 Herrischried,
www.hof-berggarten.de

Mehr Geschichten aus unserem Garten gibt es auf meinem Garten-Blog: www.disslin-an.net – es gibt dort auch einen speziellen post über die Konrade.