Liebe Leserin, lieber Leser,
die erste Welle der Reaktionen auf die römischen Gespräche des Bischofs ist durchgerauscht. Was bleibt, ist das vermeintlich beruhigende Gefühl, dass sich vorerst mal nichts ändert. In der Tat sorgt diese Nachricht in all der Unwissenheit und Sorge, wie das denn beim Bistum nun weitergeht und wo wir als Pfarrei bleiben, für eine gewisse Beruhigung. Aber diese Ruhe ist auch nur vorübergehend. Sie offenbart auf den zweiten Blick, was es heißt, wenn die "Pfarrei der Zukunft" keine Zukunft hat.
Es bedeutet nämlich nicht, dass alles so weitergeht, wie bisher. Das würden wir uns zwar wünschen, denn dann wäre in dieser Zeit wenigstens irgendetwas so, wie es schon immer war. Obwohl das ja auch nicht stimmt...
Kurz und knapp: Der Revisionsauftrag aus Rom für die Umsetzung der Bistumssynode - konkret hier: für die Strukturreform - ist nicht der Sieg der einen Interessengruppe und ist nicht die Niederlage der anderen. Für solch eine Unterscheidung gibt es keine Veranlassung, im Gegenteil. Die derzeitige Situation zeigt, wie intensiv Menschen in und mit und um ihre Kirche streiten, weil sie sich um sie sorgen und weil sie (die Kirche) ihnen am Herzen liegt. Mit all ihren Malässen und Unzulänglichkeiten, mit all ihren Verfehlungen und mit ihrem manchmal ausgeprägten Nicht-Gefühl für die Zeichen der Zeit, die zu erkennen ihr das Konzil eigentlich ins Stammbuch geschrieben hat. Es ist doch fast ein Wunder, dass wir trotz allem immer noch streiten, auch wenn's unendlich viel Kraft und Nerven kostet.
Wenn es nicht so wäre, hätten wir alle längst die Kirche aufgegeben, dann würde sich keiner mehr nach ihr umschauen. Aber so ist es eben nicht. Auch wenn viele Menschen ihr den Rücken zugekehrt haben, gibt es auch noch viele, die um sie kämpfen. Um die Kirche zu Hause, um den GottesOrt und um die Gemeinschaft, deren Versammlung man dort irgendwie immer als wohltuend erfahren hat. Das hat was mit "Heimat" zu tun. Und mit geistiger und geistlicher Beheimatung, mit Transzendenzerfahrung und dem Gefühl, dem Himmel hier besonders nahe zu sein. Bei allem Für und Wider für die bisher geplanten Reformen geht es doch letztlich darum, dass wir als Kirche Gott auf dieser Welt einen Ort sichern, so hat es im letzten Jahrhundert Madeleine Delbrel mal ausgedrückt. Nicht nur im Sonntagsgottesdienst, sondern auch in so vielen anderen Gelegenheiten des Alltags, an so vielen Orten jenseits der Kirchentüren und ohne salbungsvolle Worte. Wohl auch in den Riten und Feiern, die unser Leben seit alters her an seinen Wendepunkten begleiten, aber auch in neuen und unkonventionellen Formen. Zu Hause oder an anderen Orten Gottesdienst zu feiern - da wo Menschen ihn gerade brauchen, miteinander den Glauben zum Thema zu machen, das den Alltag betrifft, religiös sprachfähig zu werden und ohne Vorbehalte Wege zur Nachfolge Jesu zu suchen, das alles soll so oder so möglich sein.
Dass Kirche dies alles ermöglichen kann und soll, das ist doch unser Wunsch. Aber auch, dass wir uns wiederfinden können in dieser konkreten Kirche.
Dies war sicher ein Punkt, den viele in der Reform nach der Synode nicht mehr gefunden haben. Sie haben Angst um ihren eigenen Platz in der Kirche gehabt, um den gewohnten und bewährten Platz. Ich kann es verstehen...
Deshalb haben sie sich lautstark gemeldet, und als sie sich nicht gehört fühlten, haben sie den Weg durch die Instanzen angetreten. Bei der Gelegenheit haben wir gelernt, dass dieser Weg tatsächlich offen ist für jeden Christenmenschen.
Am Ende dieses Weges steht nun eine Revision und der Neustart des Betriebssystems im Bistum Trier. Nicht mit der Brechstange, sondern behutsam, wie es der Bischof am Samstag ausgedrückt hat. Gott sei Dank geht es weiter. Wir bleiben nicht stehen. Und wir werden Wege finden, die uns als Kirche im Bistum Trier in die Zukunft führen. Vielleicht nicht so forsch und ambitioniert, wie das bisherige Projekt. Aber in die Zukunft...
Und was kommen soll, wird kommen, der gute Geist Gottes geht ja mit. Das sagen wir doch immer wieder und das glauben wir doch auch. Wir trauen einem Gott, der mit uns auf dem Weg ist. Und wenn's der falsche Weg ist, dann ist er trotzdem da, um uns aufzurichten und dabei zu sein, wenn wir einen neuen Weg beschreiten...
Das gilt für den Weg der Kirche im Bistum Trier, das gilt für den synodalen Weg der Kirche in Deutschland und das gilt für Ihren und meinen ganz persönlichen Weg durchs Leben,
glaubt Ihr Pastor
Stefan Dumont