Initiative Grünes Kronberg hält ein Plädoyer für Kronbergs grüne Lunge

Kronberg (mw) – Es war die „Fassungslosigkeit mit dem Umgang unseres grünen Kulturerbes in der Stadt“, erklärt der Sprecher der neuen Initiative Grünes Kronberg und Vorsitzender der Ortsgruppe des BUND Kronberg, Jochen Kramer, „die uns zur Gründung dieser Plattform geführt hat. Die Initiative Grünes Kronberg ist ein Zusammenschluss verschiedener Interessengemeinschaften: der IG Guaita, der AG Kulturlandschaft Königstein-Kronberg, des Obst- und Gartenbauvereins Kronberg, der Interessengemeinschaften Perspektiven für Kronberg und Schillergärten sowie der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Anlass für die Gründung war die Rodung der Bäume am Bahnhof in Vorbereitung auf die geplante Bebauung, allen voran der 365-jährigen Edelkastanie sowie des jungen Mammutbaumes, aber auch „massiver weiterer Baumfällungen“ beispielsweise auf dem Gelände der sogenannten Abs-Villa. In einem Impulsvortrag gab Kramer für die Initiative Einblick in die zahlreichen Funktionen von Bäumen und Grünflächen in einer Stadt. Bäume, erläuterte er, verbessern nicht nur die Luftqualität, sondern begrenzen Temperaturextreme innerhalb der Stadt, bieten Lärmschutz. Seien Bäume und Parks in der Nähe steigerten sie den Immobilienwert, sie bieten Windschutz und Erholung, ganz abgesehen von der Förderung von Artenvielfalt und vielem mehr. Genauso wie Grünflächen schließlich für die Vernetzung von Lebensräumen, Pflanzenvielfalt, ein Nahrungsangebot für Bestäuber, Artenvielfalt und ein besseres Stadtklima und Erholung böten. Als wertvoll gelten Habitatbäume, die besonders alt sind und in Teilen oftmals schon abgestorben sein können. Ausführlich schilderte Kramer hier, sozusagen in Gedenken an die 365-jährige gefällte Edelkastanie, für wie viele Tieren ein solcher Baum Heimat bieten kann. In der Edelkastanie waren unter anderem sieben Fledermausarten heimisch, aber auch Eichhörnchen, Siebenschläfer, Haselmaus, Hirschkäfer, Pilze, Flechten sind Bewohner sogenannter Habitatsbäume, erklärte er. Die Aussagen, die im städtischen Nachhaltigkeitsbericht zu finden sind, hören sich zunächst ja gut an für die Erhaltung der Natur in Kronberg, findet die Initiative Grünes Kronberg. In der Umsetzung jedoch hat die Neue Initiative Grünes Kronberg nach den vielen Baumrodungen den dringenden Wunsch nach einem „besseren Schutz der Bäume und auch einem konsequenteren Handeln bei Nachpflanzungen“.

Forderungen und Ziele

Um ihren Forderungen gegenüber Stadt und Politik mehr Gewicht zu geben, haben sich die sieben beteiligten IGs, die sich an diesem Abend zunächst alle mittels eines Vortrags vorstellten und ihre Forderungen formulierten, im Zusammenschluss auf folgende Ziele verständigt:

Sie setzen sich für den Erhalt von Kronberger Grünflächen im Hinblick auf das Stadtbild, den Natur- und Landschaftsschutz sowie die Entwicklung des Potenzials für biologische Vielfalt ein. Die Initiative Grünes Kronberg ist der Überzeugung, auch im Hinblick auf Tourismus und Kronberg als wirtschaftlicher Standortfaktor, Kronberg solle vorrangig sein „grünes Image“ betonen und dieses durch Maßnahmen stärken. Flächen für die Ansiedlung großer Unternehmen gäbe es ohnehin nicht mehr. Also gelte es, die Vorteile der Kronberger Natur- und Kulturlandschaft zu betonen. Erhalten werden soll Kronbergs Kulturlandschaft, abgesehen von der Erhaltung großer Grünräume mit alten Baumbeständen wie beispielsweise die Abs-Villa mit Landschaftspark (innerhalb des Guaita-Parks), die zum Großteil als denkmal-geschützes Gesamtensemble im Regionalen Flächennutzungsplan verankert ist, um deren Fortbestehen sich die IG Guaita-Park beispielsweise sorgt. Die Initiative Grünes Kronberg fordert explizit ein Konzept zur Pflege der Streuobstwiesen seitens der Stadt zum Erhalt und Förderung dieser Kronberg prägenden Kulturlandschaft und will den über Jahre eingeschlafenen Arbeitskreis Steuobstwiesen wieder aktiviert sehen.

Ein starker Wunsch innerhalb dieser neu gegründeten Plattform ist auch die Stärkung der Möglichkeiten zur Bürgerbeteiligung. Neben transparenter Planung und ausführlicher, frühzeitiger Information sollten den Bürgern auch Mitwirkungsmöglichkeiten angeboten werden. Außerdem fordern sie, dass die Ergebnisse aus der Bürgerbeteiligung am Stadtentwicklungskonzept, bei denen viele von ihnen inhaltlich mitgewirkt haben, endlich veröffentlicht werden.

Innerhalb der einzelnen IGs sehen die Forderungen unterschiedlicher aus. Während die IG Schillergärten beispielsweise erwartet, die Stadtverordneten mögen innerhalb der geplanten Bebauung des Areals in Privatbesitz hinter dem Bahnhof den „gartenhaltigen Charakter“ und damit eine Vielzahl der Bäume erhalten, liegt das Interesse des Obst- und Gartenbauvereins ganz klar auf dem Erhalt und Ausbau der Streuobstwiesen, sprich auch der Rekultivierung vieler verwahrloster Streuobstwiesen sowie der Erhaltung „mehr Grüns bei genehmigten Baumaßnahmen“. Die AG Kulturlandschaft Kronberg-Königstein fordert den Erhalt des Philospohenwegs als öffentliche Wegeverbindung genauso wie den Schutz der Wiesen rund um den Opel-Zoo und will verhindern, dass weitere illegale Hütten in den Gärten im Rentbachtal entstehen. Die Sprecherin der AG Kulturlandschaft, Gabriele Klempert, sieht in Kronberg die Gefahr, „dass man lieber dem Nachwuchs fröne“ und dafür leider viele Verluste für die Natur einfach in Kauf nehme. Für die IG Guaitapark steht an erster Stelle, die Flora und Fauna bei Bauvorhaben zu erhalten. Außerdem sollen bewährte Bebauungspläne nicht geändert und innerhalb Gebieten mit gewachsener Flora und Fauna keine Neuausweisung von Baugebieten vorgenommen werden. Die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald konzentriert sich auf die Aussage, die Stadt möge den Wert einzelner kostbarer Bäume besser erkennen und dementsprechend behutsamer planen und vorgehen. Die IG Perspektiven am Bahnhof will vor allem sicher gehen, dass der Parkplatzbedarf nach Neugestaltung am Bahnhof voll und ganz gedeckt ist, als auch eine Grünachse erhalten bleibt.

Nach diesem „Weckruf auf Kosten sehr alter Bäume“, der zu dieser Versammlung geführt habe, solle nun wenigstens das „Grün, was noch übrig ist, bewahrt werden“, betont Bertold Hackl von der IG Perspektiven für Kronberg.

„Es ist ganz klar, dass es innerhalb der verschiedenen Interessengemeinschaften auch viele unterschiedliche Meinungen gibt“, betonte Kramer abschließend. Wichtig sei zunächst einmal, dass man sich auf diese gemeinsamen Ziele verständigt habe, um so bei der politischen Meinungsbildung besser gehört zu werden. Einen ersten Erfolg habe man bereits: Ein Gespräch mit Bürgermeister Klaus Temmen, dem Stadtverordnetenvorsteher sowie des Umweltamtes, um die genannten Anliegen vorzutragen. Thema werde auch der Wunsch nach Anhörung fachkundiger Bürger im Rahmen der öffentlichen Ausschusssitzungen sein, die nach Wissen von Kramer früher möglich gewesen sein soll.

Der Appell des FDP-Fraktionsvorsitzenden Walther Kiep innerhalb der sich anschließenden Fragen- und Diskussionsrunde war – neben der Erhaltung des grünen Charakters Kronbergs, der natürlich Konsens sei, genauso wie keiner der Stadtverordneten beabsichtige, den Flächennutzungsplan innerhalb des Landschaftsparks der Abs-Villa zu ändern – doch auch nach Kompromissen bei der Stadtentwicklung zu suchen, statt Kronberg in seinem jetzigen Zustand „betonieren“ zu wollen. Der Fokus der Anwesenden konzentrierte sich an diesem Abend allein auf die Bäume und damit das grüne Image dieser Stadt, das erhalten werden soll. So fand auch die Bürgerin Gwendolin E. Wiesinger für ihre Herzensangelegenheit Gehör, die Stadt und ihre Politiker mögen für den 365 Jahre alten Kastanienbaumstumpf am Bahnhof nun wenigstens ein ehrendes Andenken finden. Ihre Idee: Ihn mit seinen austreibenden Sprösslingen vor Ort zu belassen und zu schützen oder ihn auszuheben und ihm an anderer Stelle einen Ehrenplatz zu ermöglichen, vielleicht auch innerhalb der Winterruhe Austriebe zu entnehmen und sie im März aufzupropfen und seinen Fortbestand zu sichern. Wer dieses Thema weiter verfolgen will, kann sich bei direkt per E-Mail an g.wiesinger[at]t-online[dot]de an sie wenden.



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