Liebe Leserin, lieber Leser,
wir stehen am Ende der dritten Corona-Woche. Auch wenn uns dieser fiese Virus schon eigentlich seit Anfang des Jahres (wenigstens von Ferne her) ein Begriff ist, hat er uns seit 3 Wochen nun fest im Griff und bringt fast täglich neue Regelungen und Einschränkungen mit sich. Wir nehmen das an und (er)tragen es, in der Hoffnung, der Pandemie so irgendwie zu Leibe rücken zu können, indem wir alle unsern Beitrag dazu leisten, Infektionsketten zu unterbrechen. Abstand halten ist Maßarbeit, im wahrsten Sinne des Wortes. Wir merken das, wenn wir raus gehen zum Einkaufen. In den ersten Tagen war das Abstandhalten noch echt schwierig, da hatten die Kassiererinnen im Supermarkt echt zu kämpfen, wenn sie die Kundschaft immer wieder auf den nötigen Abstand hinweisen mussten.
Abstand ist im Moment auch ein Gebot der Nächstenliebe. Wir wünschen und gönnen uns die Unversehrtheit, indem wir auf Abstand gehen. Auch da ist ein gesundes Maß gefragt, und mehr noch als das bloße Akzeptieren von aktuellen Verhaltensregeln ist es eine Sache der inneren Haltung und des Respektes voreinander, dass wir diesen Verhaltensregeln auch aus einer inneren Zustimmung heraus folgen. Und aus einer Selbstverständlichkeit, die aus der christlichen Überzeugung wächst, dass jeder Mensch vor Gott und der Welt die gleiche Würde hat, geliebt und wertvoll ist.
Nun, das klingt recht "hochgestochen", vielleicht auch moralisch. Letzteres ist es aber auch. Wir Menschen werden uns, wenn das hier mal alles gut rum ist, überlegen müssen, wie wir zukünftig miteinander umgehen. Werden sich Verhaltensweisen dieser Corona-Zeit auch in Zukunft durchsetzen? Werden wir hinterher zum normalen Alltagsgeschäft zurückkehren und alles, was wir scheinbar versäumt haben, erstmal richtig nachholen? Wird sich der heute wertschätzende Blick auf den Nächsten in der Nachbarschaft oder an der Supermarktkasse auswirken auf unseren Umgang mit einem Nächsten, der auf einer der griechischen Inseln am Rande Europas festsitzt, nur weil er mit seiner Familie ein faires und gerechteres Leben sucht, als in seiner Heimat, die er verlassen hat?
Wird die allgemeine Empörung über den Drang zu egoistischen Hamsterkäufen dazu beitragen, dass wir die Frage nach der Gerechtigkeit bei der Verteilung von Mehl, Reis und Klopapier auch in Bezug auf die Menschen in den Dürre- und Katastrophengebieten der sogenannten Dritten Welt stellen?
In der derzeitigen Krise haben wir die Chance, das Weltgeschehen mal mit Abstand zu betrachten, und wir merken, wie relativ auf einmal Probleme werden, die uns vor vier Wochen noch zutiefst beschäftigt haben. Stattdessen läßt uns das Virus bei aller Tragik der derzeitigen Situation erkennen, wie gut es uns doch eigentlich geht, wie hoch wir entwickelt und irgendwie auch gesegnet sind, so dass wir es schaffen, mit dieser Bedrohung umgehen zu können.
An anderen Stellen der Welt ploppen täglich neue Hotspots der Katastrophe auf. Ich denke an den Orient, an die Menschen im Jemen oder in Indien, in Äthiopien oder im Sudan. Sie alle sind durch die Umstände in ihren Ländern zutiefst gefährdet und der Pandemie schutzlos ausgeliefert.
Katastrophal kann auch sein, wenn Verantwortliche in den Regierungen "den starken Mann markieren" und das Ganze nach Wildwest-Art lösen wollen, um alleine als unangreifbarer Sieger dazustehen. Ein Blick nach Amerika zeigt uns, wie sehr die Menschen in den Großstädten dort in den kommenden Wochen betroffen sein werden. Dass persönliches Erfolgsstreben immer auf Kosten der Gemeinschaft geht, wissen wir eigentlich. Aber am Beispiel der USA werden wir es wahrscheinlich in den nächsten Wochen über die Maßen hin mit ansehen...
Unser "Maßstab", der uns helfen kann, die Dinge einzuordnen, und der sich anbietet, Orientierung zu suchen, ist unser Glaube. Dass die Corona-Krise uns die gemeinsame Feier des Osterfestes durchkreuzt, ist schade. Vielleicht ist es aber auch Ansporn und Grund, in der Osterbotschaft wirklich Kraft und Zuversicht zu suchen, die uns helfen möge, diese Zeit des landesweiten gesellschaftlichen Stillstandes zu überstehen.
Organisatorisch schaffen wir das. Ohne Zweifel. Da gibt es viele gute Initiativen von vielen engagierten Menschen, auch hier in Andernach. Aber jeder und jede, der/die zu Hause sitzt, muss damit auch innerlich klarkommen. Und da braucht es Zuversicht und Hoffnung als Alternative zur Angst. Zumal wir nicht wissen, wie lange uns diese Situation noch bindet.
Wir machen uns hier im Pastoralteam intensiv Gedanken, wie wir Ihnen die alte Osterbotschaft aktuell und zeitgemäß "zustellen" und anbieten können. Ich glaube, es ist uns einiges eingefallen - und Sie werden Ostern feiern können.
Zum Einen wird es einen Pfarrbrief geben, der statt einer langen Gottesdienstordnung nur eine kurze Terminliste enthält, denn wir werden die Gottesdienste der Kar- und Ostertage jeweils einmal feiern und dann wieder ins Internet stellen. Sie haben die Möglichkeit, über unsern Youtube-Kanal die Gottesdienste aufzurufen und 1:1 mitzufeiern.
Darüber hinaus wird der Offene Kanal (OK) unsere Gottesdienste mit übernehmen, sodass auch alle, die kein Internet zu Hause haben, über das Fernsehen am Sonntagsgottesdienst teilnehmen können - wenn auch zeitversetzt. (Die Zeiten werden weiter unten veröffentlicht). Im Osterpfarrbrief finden Sie zu jedem der besonderen Tage auch einen Gottesdienst, den Sie zu Hause alleine oder in kleiner Runde feiern können. So kann auch im eigenen Wohnzimmer Ostern werden, allein schon deshalb, weil jemand (also Sie!) die Osterbotschaft von der Auferstehung Jesu liest und verkündet. Und darauf kommt es an. Die Auferstehung Jesu will verkündet und gesagt werden. Und wenn wir das mit einer gewissen Offenheit hören, dann dürfen wir es Gott und seinem guten Geist überlassen, ob und wie uns das im Leben stärkt.
Wir lernen in dieser Zeit alle neu, was wirklich wichtig ist, und worauf es ankommt - auch in unserem Tun als Kirche.
Im Namen des ganzen Pastoralteams und aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Pfarrbüro, Kirchenmusik und all den Einrichtungen wünsche ich Ihnen ein gesundes Wochenende, eine inhaltlich gut gefüllte "Leer-Zeit" und - wenn nötig - auch gute Erholung nach bereits überstandener Krankheit.
Bleiben Sie behütet und gesund!
Ihr Pastor Stefan Dumont