Weihnachten im Schuhkarton

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Packen einer Geschenkbox (2016)

Weihnachten im Schuhkarton ist eine seit 1996 im deutschsprachigen Raum stattfindende Sammelaktion für Weihnachtsgeschenke für Kinder. Die Geschenkübergabe ist nach Ansicht von Kritikern mit Missionierung verbunden.[1]

Zunächst wurde sie von der Billy Graham Evangelistic Association getragen, ab 2002 von dem Verein mit evangelikalem Hintergrund Geschenke der Hoffnung, 2019 in Samaritan’s Purse – Die barmherzigen Samariter umbenannt.[2] Weihnachten im Schuhkarton ist Teil der weltweit stattfindenden Operation Christmas Child, die seit 1993 von der amerikanischen Hilfsorganisation Samaritan’s Purse organisiert wird. Die Geschenkboxen aus dem deutschsprachigen Raum gehen überwiegend nach Osteuropa.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der walisische Geschäftsmann Dave Cooke initiierte 1990 das Projekt Operation Christmas Child.[3] Im Jahr 1993 stieg die Organisation Samaritan’s Purse ein.[4] Seither findet diese jährliche Sammlung unter dem Namen Weihnachten im Schuhkarton auch in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Liechtenstein und Südtirol statt.[5][6] Seit November 2001 nennt sich der deutsche Partner dieser Kampagne Geschenke der Hoffnung. Er ging aus dem deutschen Zweig der Billy Graham Evangelistic Association hervor.[7][8] Der Trägerverein wurde 2019 in Samaritan’s Purse – Die barmherzigen Samariter umbenannt. Im Jahr 2017 wurden im deutschsprachigen Raum an mehr als 5.000 Sammelstellen von Weihnachten im Schuhkarton 409.448 Geschenkpakete entgegengenommen.[9]

Ablauf und Struktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Typischerweise beteiligen sich Privatpersonen, Kindertagesstätten, Schulen,[10][11][12][13][14] kirchliche Einrichtungen[15][16] oder Kirchengemeinden,[17][18] Unternehmen[19] oder Nachbarschaftskreise[20] am Packen der Kartons.[5][21] Teilweise rufen auch Prominente und Vereine zum Spenden auf oder sind Schirmherr für das Projekt.[22][23] Dabei werden handelsübliche Schuhschachteln mit Geschenkpapier beklebt[24] und mit kleinen Präsenten gefüllt. Die Träger der Kampagne empfehlen unter anderem originalverpackte und feste Hygieneartikel, Schreibmaterialien, Kuscheltiere, Süßigkeiten oder Kinderkleidung.[25][26] Nicht erwünscht sind Hexerei- und Zaubereiartikel (darunter auch die Harry-Potter-Bücher).[27] Die Schenkenden geben an, ob die Box für Jungen oder Mädchen gedacht und für welche Altersgruppe sie geeignet ist.[28] Um die Kosten für Transport, Lagerung, Verwaltung, Schulung von Ehrenamtlichen im In- und Ausland, Transparenzwesen und Öffentlichkeitsarbeit zu finanzieren,[29][30] wird zudem zu Geldspenden aufgerufen.

In Sammelstellen werden die Kartons kontrolliert, unter anderem auf Zoll- und Einfuhrbestimmungen.[31][32][33] Anschließend erfolgt der Transport in die Zielländer. Geschenkboxen aus dem deutschsprachigen Raum gehen überwiegend nach Osteuropa.[34]

Die Verteilung vor Ort wird in der Regel im Rahmen einer Weihnachtsfeier vorgenommen. Wo kulturelle oder religiöse Gründe dagegenstehen, wird darauf verzichtet. Bei der Verteilung engagieren sich christliche Gemeinden unterschiedlicher Konfessionen; wo dies nicht möglich ist, wird der Kontakt zu anderen religiösen Gruppen oder sozialen Einrichtungen gesucht.[35][36] Im Anschluss an die Weihnachtsfeiern laden die lokalen Partner ein, in einem Glaubenskurs mehr über den christlichen Glauben in der Interpretation von Samaritan’s Purse zu erfahren.

Bibelheft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Übergabe der Geschenke an die Kinder erfolgt mit dem Angebot, auch ein Heft mit Bibelgeschichten in der jeweiligen Landessprache mitzunehmen. 2014 stand in dem Heft unter anderem: „Unser größtes Problem ist Sünde. Wir alle brauchen Befreiung von Sünde. Sünde ist, wenn wir nicht auf Gott hören. (…) Unser falsches Verhalten (Sünde) hat Folgen. Die schlimmste Folge ist die endgültige Trennung von Gott und allem Guten und damit der Tod. Das nennt die Bibel Hölle. (…)“ Die Zeitung Der Standard zitiert eine Pädagogin, wonach den Kindern damit eingeredet werde, dass sie ständig sündigten. Das sei „der helle Wahnsinn, denn so wird den Kindern pure Angst gemacht“.[1]

Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kritiker bemängeln eine Verbindung von Geschenken und christlicher Mission. Samaritan’s Purse agiere in einem „entschieden missionarischen Zusammenhang“, so 2003 die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen.[37] Stimmen aus dem evangelikalen Spektrum wie Michael Diener, Mitglied im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), befürworten die Aktion.[38] Im Jahr 2016 riefen die Diözese Rottenburg-Stuttgart und das Bistum Dresden-Meißen in ihren Amtsblättern zum Boykott der Aktion auf;[39] 2002 hatte dies bereits das Bistum Trier gemacht.[40] Kardinal Christoph Schönborn, Erzbischof von Wien, unterstützte die Aktion. Laut seinem Sprecher komme es aber "natürlich darauf an, dass man als Teilnehmer auch über die problematischeren Aspekte Bescheid weiß".[1]

Weltweite Aktion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weihnachten im Schuhkarton ist Teil der weltweiten Operation Christmas Child, durchgeführt von der amerikanischen evangelikalen Hilfsorganisation Samaritan’s Purse. Es werden durch sie Kinder in Afrika, Asien, Europa, Zentral- und Südamerika erreicht.[41]

Im Jahr 2017 wurden laut Angaben der Organisatoren rund elf Millionen Geschenkkartons verteilt – 8,88 Millionen dieser Boxen stammten aus den Vereinigten Staaten.[42] 2017 kamen die Geschenke aus den Vereinigten Staaten, aus Kanada, Großbritannien, dem deutschsprachigen Raum, aus Spanien, Finnland, Japan, Australien und Neuseeland.[43] Insgesamt seien von 1993 bis 2018 in 160 Ländern zusammen 157 Millionen Geschenkboxen an Kinder übergeben worden.[41]

Laut Angaben von Samaritan’s Purse haben rund 14,9 Millionen Kinder seit 2009 an Glaubenskursen teilgenommen (Stand: September 2018).[44]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Kritik an Charity "Weihnachten im Schuhkarton": Zuerst ein Geschenk, dann Jesus. Abgerufen am 15. Januar 2024 (österreichisches Deutsch).
  2. „Geschenke der Hoffnung“ wird „Samaritan's Purse“. Abgerufen am 23. Januar 2019.
  3. Hoffnung geben. Schuhkartons bis zum 15. November packen. In: Westfalen-Blatt, 10. November 2010.
  4. Ein Hoffnungsstrahl inmitten der Not. In Rietheim gibt es eine Sammelstelle der Aktion „Weihnachten im Schuhkarton“. In: Südkurier (Ausgabe Villingen), 4. November 2003.
  5. a b Weihnachten im Schuhkarton. Geschenkaktion für notleidende Kinder läuft auch in Idar-Oberstein. In: Rhein-Zeitung, 4. Oktober 2003.
  6. Melanie Pratsch: Seit 20 Jahren bereiten kleine Boxen große Freude. Damit arme Kinder an Heiligabend nicht leer ausgehen. In: Taunus-Zeitung, 13. Oktober 2015.
  7. Geschenke der Hoffnung e. V. Seit 1990 „Weihnachten im Schuhkarton“. In: Mitteldeutsche Zeitung, 14. November 2007.
  8. Geschenke der Hoffnung: Geschenke der Hoffnung hat einen neuen Vorsitzenden. Pressemeldung vom 29. September 2016. Abgerufen am 4. Juli 2018.
  9. Aktionsbericht Weihnachten im Schuhkarton 2017. (PDF) Abgerufen am 5. September 2018. S. 16 f.
  10. Gerhard W. Kluth: Aktion Weihnachten im Schuhkarton. Zusammenarbeit mit weltweit operierender, christlicher Organisation Samaritan’s Purse. In: Trierischer Volksfreund, 13. November 2001.
  11. Festfreude in 381 Schuhkartons. In: Lausitzer Rundschau, 16. Dezember 2010.
  12. Schüler packen 50 Päckchen. Unterstützung für die Aktion Weihnachten im Schuhkarton. In: Westfalen-Blatt, 17. November 2011.
  13. Geschenke machen Hoffnung. Gymnasiasten der Klasse 6b packen 75 Pakete für „Weihnachten im Schuhkarton“. In: Westfalen-Blatt, 14. November 2013.
  14. Marlies Steffen: Ein Kuscheltier geht mit auf die Reise. In: Nordkurier, 8. November 2013.
  15. Aktion „Weihnachten im Schuhkarton“ beginnt bald. In: Trierischer Volksfreund, 25. September 2006.
  16. Altenheim St. Johannes beteiligt sich an Schuhkarton-Aktion. Senioren packen Geschenkkartons für Kinder. In: Westfalen-Blatt, 9. November 2010.
  17. Päckchen im Minutentakt. 1700 Schuhkartons schickt Christa Kerksiek auf die Reise. In: Westfalen-Blatt, 17. November 2010.
  18. Aktion Weihnachten im Schuhkarton startet in Bitburg. In: Bitburger Zeitung, 28. Oktober 2011.
  19. 113 Schuhkartons für hilfsbedürftige Kinder in der Ukraine. Eine Aktion der RTL-Group-Mitarbeiter: von Kuscheltieren bis hin zu Schals. In: Luxemburger Tageblatt. 3. Dezember 2007.
  20. Mehrgenerationenhaus organisiert Geschenkaktion „Weihnachten im Schuhkarton“. Freuden-Päckchen müssen bald gepackt sein. In: Südkurier, 19. Oktober 2011.
  21. Im Karton steckt Freude. Aktion „Weihnachten im Schuhkarton“ ist wieder angelaufen. In: Westfalen-Blatt, 6. Oktober 2010.
  22. FC Red Bull Salzburg - Weihnachten im Schuhkarton. 25. November 2020, abgerufen am 17. Januar 2024.
  23. Weihnachten im Schuhkarton | Mario Czaja. 26. Oktober 2023, abgerufen am 17. Januar 2024 (deutsch).
  24. „Weihnachten im Schuhkarton“ startet. Mit Geschenken Kindern in armen Ländern Freude bereiten. In: Gießener Anzeiger, 23. Oktober 2007.
  25. „Weihnachten im Schuhkarton“: Fast 650 Päckchen auf die Reise geschickt. In: Passauer Neue Presse, 26. November 2004.
  26. So funktioniert Weihnachten im Schuhkarton. In: Rhein-Zeitung, 15. Oktober 2010.
  27. Elfi Hofmannn: "Weihnachten im Schuhkarton" bringt seit 25 Jahren Kinderaugen zum Strahlen. In: Heilbronner Stimme, 26. November 2020
  28. 52 Mal Freude im Karton. Weihnachten im Schuhkarton: Kinder der Grundschule Scherfede packen fleißig Pakete. In: Westfalen-Blatt, 14. November 2012.
  29. Roman Rausch: Ein Licht im Dunkel des Krieges. In: Main-Post, 6. September 1999.
  30. Josef Schäfer: Schuhkartons und Sektengerede. In: Main-Post, 19. November 2001.
  31. 1026-fache Weihnachtsfreude aus dem Schuhkarton. Stefanie Eid leitet Sammelstelle für „Weihnachten im Schuhkarton“ im Usinger Land. In: Usinger Anzeiger, 18. November 2005.
  32. Sigrid Umiger: Geschenke für Kinder – „Weihnachten im Schuhkarton“. Annahmestellen in Geschäften und in der Mediathek Müllheim. In: Badische Zeitung, 28. Oktober 2011.
  33. Stefanie Nosswitz: Päckchen als Hoffnungsschimmer. Im Mehrgenerationenhaus startet die Aktion „Weihnachten im Schuhkarton“. In: Südkurier, 23. Oktober 2013.
  34. Lukas Schäfer: Die große Kinder-Freude kommt im Schuhkarton. In: Südkurier (St. Georgen-Triberg), 11. Oktober 2017.
  35. Weihnachten im Karton. In: Wiesbadener Tagblatt, 7. November 2006.
  36. Am Montag Beginn der Aktion „Weihnachten im Schuhkarton“ – 25 Annahmestellen – Gießener Oberbürgermeister als Schirmherr bittet um Unterstützung. In: Gießener Anzeiger, 18. Oktober 2008.
  37. Päckchenpacken für die Armen der Welt – Die Aktion Weihnachten im Schuhkarton ist umstritten. In: Badische Zeitung, 27. November 2003.
  38. Marcus Mockler: Das größte Geschenk. Katholiken streiten um „Weihnachten im Schuhkarton“. In: Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt 41/2016. 9. Oktober 2016, archiviert vom Original am 21. September 2018; abgerufen am 3. September 2018.
  39. Kontroverse um „Weihnachten im Schuhkarton“. In: www.idea.de. Abgerufen am 30. September 2016.
  40. Keine Beteiligung an der Aktion 'Weihnachten im Schuhkarton'. In: www.bistum-trier.de. 1. Oktober 2002, abgerufen am 17. September 2018.
  41. a b Celebrating 25 Years of Giving Shoebox Gifts to Children in Need. www.samaritanspurse.org, 1. September 2018, abgerufen am 5. September 2018 (Meldung auf der Website von Samaritan’s Purse).
  42. Aktionsbericht Weihnachten im Schuhkarton 2017. (PDF) Abgerufen am 5. September 2018. S. 16 f.
  43. Aktionsbericht Weihnachten im Schuhkarton 2017. (PDF) Abgerufen am 5. September 2018. S. 13.
  44. The Greatest Journey. Discipleship Program. In: www.samaritanspurse.org. Abgerufen am 17. September 2018.