Am letzten Wochenende hat es auch bei uns die ersten Gottesdienste gegeben, bei denen wieder ein Teil der Gemeinde anwesend war und wir zusammen die Messe gefeiert haben. Die Details dazu hatte ich Ihnen ja letzte Woche an dieser Stelle erklärt. Manches ging unkomplizierter als gedacht, anderes war nicht so einfach...
Das erste Wochenende mit öffentlichen Gottesdiensten
Zunächst gilt mal ein herzlicher Dank den Personen, die sich bisher aus den Räten für die Mitarbeit im Empfangsdienst bereiterklärt haben. Die Erfahrung des letzten Wochenendes zeigt, dass wir doch zumindest 2 Personen pro Gottesdienst brauchen, um die vom Büro vorbereiteten Anmeldelisten abzugleichen und die Gottesdienstbesucher aktiv auf das Tragen der Maske und die Desinfektion der Hände beim Kircheneintritt hinzuweisen. Das waren wir bisher so nie gewohnt, und deswegen gehen die meisten Leute auch wie selbstverständlich am Desinfektionsmittelspender vorbei, selbst wenn er mitten im Weg steht. Da braucht es einfach ein paar Menschen, die mit helfenden Worten die Gottesdienstbesucher wohlwollend auf die vorgeschriebenen Maßnahmen hinweisen.
Viele unserer Mitglieder in den Räten gehören ja selbst zu irgendeiner der Risikogruppen und stehen daher für diesen Dienst nicht zur Verfügung - und das ist in Ordnung. Um das Gottesdienstangebot aber durchführen zu können und die wenigen bisher helfenden Leute vom Empfangsdienst aber auch nicht an jedem Sonntag beanspruchen zu müssen, brauchen wir einfach noch ein paar Leute in allen Kirchen, die bereit sind, hier zu helfen. Der Aufwand hält sich in Grenzen, aber es ist im Moment wichtig, dass jemand am Eingang steht und die ankommenden Gottesdienstbesucher mit den neuen Verhaltensweisen vertraut macht - und am schwersten fällt es ganz offensichtlich "den treuen Stammkunden", sich auf vorgegebene Sitzplätze, Einbahnregelung bzgl. Ein- und Ausgang und Gesangsverzicht einzulassen. Aber das wird sich alles einspielen. Auch wenn ganz Deutschland sich derzeit "lockert", werden uns diese Rahmenbedingungen sicher noch eine ganze Zeit erhalten bleiben...
In allen Kirchen war am letzten Sonntag noch Platz. Obwohl wir ja überall nur ein Drittel bis ein Viertel des Sitzplatzangebotes füllen können, waren noch genügend Plätze frei. Das ist für mich im Moment insofern nicht schlimm, weil ich weiß, dass viele Leute ganz bewußt noch nicht kommen, denn die Infektionsgefahr ist einfach noch nicht vorbei, selbst wenn wir in Andernach derzeit wissentlich keine Infizierten haben. Manche schützen damit auch die Menschen der Risikogruppen, die vornehmlich gerne zum Gottesdienst kommen...
Dass eine große Gemeinde nach wie vor am Internetgottesdienst teilnimmt, den wir sonntagsmorgens um 9.30 Uhr jetzt immer live aus dem Mariendom senden, freut mich deshalb, weil ich um die verbindende Wirkung dieses Angebots weiß, und weil wir da wegen der fehlenden "physischen Öffentlichkeit" viel vertrauter Gottesdienst feiern können, mit Liedern und Gesängen, ohne Spuckschutz und all die Dinge. Natürlich, das Maß aller Dinge ist der "normale Gottesdienst", in dem wir miteinander feiern und jeder auch etwas dazu beiträgt - und sei eis nur die eigene Stimme zum Lobe Gottes. Da wollen wir wieder hin - und hoffen, dass uns diese Möglichkeit auch bald wieder geschenkt wird. Dennoch: Auch am kommenden Sonntag sind wir um 9.30 Uhr live online. Und auch das Angebot der stillen Kommunion vom 11-12 Uhr wird es wieder geben.
Entkirchlichung auf Probe
Das sind jetzt mal die konkreten Dinge vor Ort, die unsere kirchliche Praxis bestimmen. Aber all das ist ja auch Teil einer Gesamtentwicklung von Gesellschaft und Kirche, die durch die Corona-Pandemie an manchen Stellen eine besondere Verstärkung erfährt, an anderen Stellen aber auch eine Neuausrichtung mit sich bringt. Die Frage, wie und wohin sich Kirche mit und nach Corona entwickelt, ist derzeit innerkirchlich ein ganz großes Thema. Gesellschaftlich eigentlich gar nicht - und auch das ist schon wieder ein ernstzunehmendes Zeichen. Wir erleben zur Zeit eine "Entkirchlichung auf Probe", so hat es diese Woche der Jesuit Bernd Hagenkord in einem Beitrag formuliert. Was wir im Augenblick durchlaufen, wird in zehn Jahren normal sein. Nicht wegen Corona, aber wegen riesiger Pfarreien, abnehmender Gläubigenzahlen, immer weniger Messfeiern, aufgegebener Kirchen und eines wachsenden Desinteresses an allem, wofür Kirche steht. Deswegen ist es so wichtig, jetzt nicht nur auf "Brückenlösungen" wie z.B. gestreamte Gottesdienste zu setzen, sondern sich der Realität zu stellen, wie sie hinter dem Vorhang der Wichtigkeit von Kirche nun hervorschaut: Kirche wird auf absehbare Zeit – wie jetzt im Augenblick erlebbar – kein "Player" sein. Innerkirchlich werden wir uns über Eucharistie und Messfeier streiten, aber draußen interessiert das immer weniger Menschen. Und eine Weitergabe des Glaubens an die nächste Generation passiert so schon gleich gar nicht.
Da ist viel guter Geist und Kreativität vonnöten, damit wir Ausdrucksformen unseres Glaubens und unserer Hoffnung finden, die heute wahrgenommen, gehört und gesehen werden. Dabei sollte meines Erachtens das gut katholische Prinzip gelten: Das Eine tun und das Andere nicht lassen!
Vielleicht müssen wir noch vielfältiger werden in der Art und Weise, Kirche zu sein. Nicht, in dem wir uns verzetteln, aber doch so, dass Kirche mehr eine Sammlung von unterschiedlichen Erfahrungen und Formen des Glaubens ist, als dass sie eine Sozialgestalt hat, wie die, die gerade schmerzlich sichtbar und spürbar vergeht. Die Corona-Zeit zeigt uns doch eigentlich, wo Kirche wirklich gefragt ist und Segen bringen kann. Sie zeigt uns aber auch, dass es sicher auch gerechtfertigt ist, manches Engagement der Vergangenheit mal zu hinterfragen...
Ich wäre gespannt zu erfahren, wie SIE das sehen. Es würde mich wundern, wenn Sie sich nicht auch schon längst mal Gedanken gemacht hätten, wie das alles weitergeht. Wie können wir in Zukunft hier am Ort Kirche sein, die lebendig ist, die aus einer Hoffnung lebt, die Platz für viele Ausdrucksformen ihres Glaubens hat? Und welche Formen könnten das sein? Haben Sie Ideen oder Erfahrungen? Was vermissen Sie wirklich in dieser Zeit des "heruntergefahrenen Gesellschaftslebens"?
Die Zeit um Pfingsten herum ist ja eine Zeit, in der wir ganz besonders den kreativen Geist Gottes in den Blick - und auch ins Gebet - nehmen. Eine Zeit, die erfüllt ist von der Bitte, dass Gott uns ganz viel von diesem guten Geist schenken möge, damit wir mit eigener Begeisterung und der Lust am "Kirche-Sein" mithelfen, dass der Glaube lebt und weiter Hoffnung schenkt - vor allem denen, die sie in dieser Zeit dringend brauchen.
Vielleicht drängt Sie der Geist auch dazu, Ihre Ideen, Ihre Eindrücke, Ihre Wünsche mal in ein paar Zeilen aufzuschreiben und mir zu schicken. Ich würde mich darüber sehr freuen. Das muss kein großes "Werk" sein, kein Manifest und keine katholische Bilanz. Einfach das, was SIE bewegt, wenn Sie sich überlegen, wo wir als christliche Gemeinde in Andernach derzeit stehen und wie es weitergehen kann - mit Corona, wegen Corona und nach Corona.
Ich bin gespannt - und belohne Ihren Zeitaufwand gerne mit einer guten Flasche Jubiläumswein vom Mariendom.
Ihnen allen wünsche ich ein gesegnetes Wochenende, und lade herzlich auch zu den Gottesdiensten am Fest Christi Himmelfahrt in der kommenden Woche ein.
Ihr Pastor
Stefan Dumont
Falls Sie den oben erwähnten lesenswerten Artikel von Bernd Hagenkord haben möchten, dann finden Sie ihn als pdf-Datei beim Klick auf den blauen Button.