Liebe Leserin, lieber Leser,
wir stehen mitten in den Sommerferien - auch wenn es das Wetter nicht vermuten läßt. Ich grüße Sie alle deshalb umso herzlicher mit diesem elektronischen Hirtenbrief aus dem Pfarrbüro und wünsche Ihnen allen einen guten Sonntag.
Heute morgen habe ich das oben stehende Bild entdeckt. Es ist kein fotographisches Highlight, das muss man sicher zugeben, Aber es ist im besten Sinne des Wortes "sinnvoll". Es stammt aus den abendlichen facebook-Notizen des Pastors von Ahrweiler. Eigentlich ist etwas mehr drauf zu sehen, aber ich habe mal diesen Ausschnitt gewählt, weil ich darin beispielhaft Gutes erkenne. Er hat es am Rand des Ahrweilerer Marktplatzes aufgenommen, wo vor der Laurentiuskirche noch Reste des Schlamms aus der Überschwemmung den Boden bedecken. Und wie das so ist: nach 3 Wochen wächst Gras drüber...
Die meisten Flächen sind dort ja mittlerweile gereinigt, aber hier gibt es offenbar ein Stück Boden zwischen Kirchenbaustelle und Versorgungszelt, wo brauner fester Schlamm noch immer an die Katastrophennacht vor 3 Wochen erinnert.
Es ist ja nicht so, als würde die Tragödie langsam in Vergessenheit geraten. Nein, das Ereignis prägt nach wie vor das Tal und unsere ganze Region, jeder kennt jemanden, der (oder die) persönlich betroffen ist, und die politische und juristische Aufarbeitung von Zuständigkeiten und Versäumnissen hat angefangen und wirft ihre Schatten. Der Ton wird rauher...
Trotzdem wächst grünes Gras auf dem trockenen Schlamm.
Für mich ein Zeichen, dass es weitergeht, ein Aufruf zur Zuversicht, ein Plädoyer für den Neuanfang - so schwer das in manchem Fall auch sein kann.
Natur und Schöpfung finden Wege, damit Leben wiederkommt. Das ist doch eine uralte Einsicht und Erfahrung, die Menschen immer wieder gemacht haben. Auch wenn vieles anders ist als früher - aber es ist zumindest etwas da und es wird Neues.
"Seht her, nun mache ich etwas Neues.
Schon kommt es zum Vorschein, merkt ihr es nicht?" (Jesaja 43,19)
Es ist kein billiger Trost, wenn man glauben kann, dass - bei allem Verlust - das Leben auch eine "Perspektive nach vorne" hat. Sie möge all den Menschen geschenkt sein, die sich danach sehnen. Den Menschen, die gerne aufbrechen und aufbauen möchten, aber denen noch die Kraft dazu fehlt.
Unabhängig von der Flutkatastrophe im Ahrtal und an anderen Orten: Stellen Sie sich derzeit auch öfter die Frage, wie es nach dem Sommer mit Corona weitergeht? Was wird sein? Was wird gehen? Werden wir uns nochmal eine Saison lang vereinzeln müssen, um uns gegenseitig zu schützen? Wird es bei steigenden Infektionszahlen (z.B. gerade im Moment hier in Andernach) opportun sein, zu Veranstaltungen, Festen und Gottesdiensten einzuladen?
Auch hier möchte ich als Bild das grüne Gras bemühen, das aus dem vertrockneten Schlamm sprießt: Es wird weitergehen! Wir werden das Virus so schnell nicht los, aber wir werden lernen, damit zu leben, uns zu schützen und wir werden sensibler, darauf zu achten, nicht leichtsinnig zu sein, wenn wir versuchen gemeinschaftliches Leben wieder "normal" werden zu lassen.
In 4 Wochen soll unser nachgeholtes Domfest stattfinden. Es soll im Rahmen der Möglichkeiten "unser Jubiläumsfest" sein, das im vergangenen Jahr so nicht stattfinden konnte. Es wird eine sinnvolle und gute Kooperation mit der Stadt sein, wenn wir Domfest und Kulturnacht miteinander verbinden und uns v.a. auch im Bereich der Corona-Schutzvorschriften und der zu treffenden Maßnahmen miteinander abstimmen und ein gemeinsames Sicherheitskonzept haben. Die 3G-Regel (geimpft, getetstet oder genesen) gilt dann an allen 3 Tagen und gibt uns etwas Sicherheit. Der Arbeitskreis Domjubiläum ist zuversichtlich und guter Hoffnung, dass wir miteinander feiern können.
Grünes Gras - ein Zeichen für jede Menge Lebenskraft im Boden. Schauen Sie in Ihren Garten zu Hause, den Sie sicher in diesem Jahr so wenig wie schon lange nicht mehr wässern mussten. Ist das nicht Leben pur? Auch wenn der Sommer verregneter ist als in den letzten Jahren, auch wenn uns das ziemlich nervt und trübt: Wir machen was draus. Nichtstun wäre Stillstand.
Dass der Himmel uns Menschen unsere Zuversicht erhalten und stärken möge, das wünscht sich in diesen Tagen sicher mit Ihnen zusammen
Ihr Pastor
Stefan Dumont