In Singapur soll einvernehmlicher Geschlechtsverkehr zwischen Männern künftig nicht mehr strafbar sein. Die Regierung des Stadtstaats werde ein Gesetz aus der Kolonialzeit aufheben, das Sex zwischen Männern unter Strafe stelle, sagte Premier Lee Hsien Loong am Sonntag in einer Fernsehansprache. Einvernehmliche sexuelle Beziehungen zwischen Erwachsenen seien eine Privatangelegenheit, die keine Auswirkungen auf Recht und Ordnung habe, sagte Lee. "Es ist nicht gerechtfertigt, Menschen dafür strafrechtlich zu verfolgen oder zu verurteilen", sagte er.

Der in den Dreißigerjahren von der britischen Kolonialmacht eingeführte Paragraf 377A sieht für "Akte grober Unanständigkeit" zwischen Männern bislang eine Strafe von bis zu zwei Jahren Gefängnis vor. In der Praxis wird er jedoch seit 2007 nicht aktiv durchgesetzt, weshalb er jetzt auch abgeschafft wird. Schwule Männer in Singapur sahen den Paragrafen als Einschränkung ihrer Rechte und Diskriminierung.

Eine Allianz der evangelischen Kirchen in Singapur hatte sich vor der Rede des Premierministers stark gegen die Abschaffung des Strafgesetzes gewehrt. Laut dem Meinungsforschungsinstitut Ipsos sind inzwischen aber nur noch 44 Prozent der Singapurer dafür, homosexuelle Beziehungen unter Strafe zu stellen. Vor vier Jahren waren es noch 55 Prozent.

Eine Anerkennung gleichgeschlechtlicher Ehen sei jedoch nicht geplant, sagte Lee. "Singapur ist eine traditionelle Gesellschaft mit konservativen Werten", sagte der Premierminister. Nach Ansicht der Regierung sollten Ehen zwischen Frauen und Männern geschlossen werden und Kinder in "traditionellen Familien" aufwachsen.