Liebe Leserin, lieber Leser,
lodernde Flammen, die zum Himmel schlagen, tausende zu Plastikklumpen geschmolzene Zelte und ausgebrannte Wohncontainer. Was haben diese Menschen nicht schon alles durchgemacht – und jetzt auch noch das!
Viele der knapp 13.000 Bewohnerinnen und Bewohner des Flüchtlingscamps Moria auf Lesbos waren sich bis gestern sicher, dass es nicht mehr schlimmer kommen könnte. Das Lager war europaweit für seine unzumutbaren Zustände bekannt.
Das Feuer hat das Lager nahezu vollständig zerstört. Das Wenige, dass die Menschen besaßen, ist nun den Flammen zum Opfer gefallen. Kinder sind zutiefst verängstigt, ihre Eltern stehen unter Schock. Die meisten Menschen haben bereits traumatische Erlebnisse während Krieg und Flucht erleben müssen. Für viele beginnt diese Odyssee jetzt erneut.
Wie soll das weitergehen? Wer läßt sich in die moralische Verpflichtung nehmen zu helfen? Ein Drama "mit Ansage", so werden manche zitiert, die das Ganze haben kommen sehen. Auf der andern Seite, in den sozialen Medien und sicher bald auch wieder auf der Strasse, wird es lautstark Protest geben: "Wir können sie doch nicht alle hierher holen", so wird es dann heißen. Und in der Tat, alleine "schaffen" wir das nicht in Deutschland. Da müssten alle im Westen an einen Strang ziehen. Unerträglich ist aber die Verweigerungshaltung mancher, die für sich das Privileg in Anspruch nehmen, Mitgliedsstaaten jener EU zu sein, die für ihre Friedenspolitik 2012 noch mit dem Friedensnobelpreis geehrt wurde. Was für eine verkehrte Welt...
Es fehlen die Worte - und die Ideen, wie man es anstellen könnte, eine gute Lösung zu finden. Und dennoch: da sind doch Menschen, bei denen sich jetzt gerade im Elend des Flüchtlingslagers noch eine unermessliche Portion Leid obendrauf gelegt hat...
Das Jahr 2020 wird zu einem Jahr der kleinen und großen Tragödien. Beirut, Moria - und weltweit zwischen allem was lebt, das Corona-Virus mit seinen Auswirkungen auf Gesundheit, Wirtschaft und Gesellschaft.
Sonst verorten wir solche Dramen immer woanders, irgendwo in der Welt. In diesem Jahr lassen sie niemanden aus, die Dramen. Wir alle müssen uns damit auseinandersetzen.
Denn: es trifft manche Menschen besonders schlimm.
Moria liegt vor unserer europäischen Haustür. Die können wir nicht auf Dauer zu halten. Allein schon nicht, weil dort Menschen liegen, warten, hoffen...
Gott,
lenke, leite, zeige Wege und überzeuge,
schenke guten Geist jedem Gewissen,
aber auch besonders denen, die Macht und Möglichkeit haben, zu helfen.
Stärke die Stimmen der oft stummen Mehrheit,
die doch eigentlich auch nur helfen möchte, wo sie kann,
mit Vernunft und Herz.
Hilf Schweigen denen, die - warum auch immer - nur auf sich schauen
und das Wort führen gegen die Menschlichkeit.
Gib Kraft denen, die sie brauchen,
um zu tragen, was das Leben ihnen zumutet...
und die Welt, die du, Schöpfer, uns allen anvertraut hast.
Halten wir unsere Welt im Blick. Die große, weite Welt und unsere kleine, ganz persönliche Welt. Vielleicht gelingt es uns an diesem Wochenende, an der einen oder anderen Stelle ein bißchen "Segen" für sie zu sein, d.h. Ausdruck von Gottes Wohlwollen für uns alle.
Wir Christen können das eigentlich,
meint Ihr Pastor
Stefan Dumont