Der Einfluss der Umgebung auf dem spirituellen Weg
Bhakti Sutra von Narada, Sutra 36 und 43
Auszug aus meinen Notizen, die ich mir in den Seminaren von T.K. Sribhashyam gemacht habe
Von Mireille HERVE
Bhakti bedeutet Devotion (Andacht, Ergebenheit, Frömmigkeit), die Emotion, die mit Gott geteilt wird.
Das Bhakti Sutra von Narada ist eine Abhandlung über den Weg der Devotion, in der die Prinzipien und Schwierigkeiten dargestellt sind.
Narada bedeutet "derjenige, der die Menschen zu Gott führt". Man betrachtet ihn als den Sohn des Brahma, der Schöpfer, als Vermittler zwischen Gott und den Menschen. Er wird immer mit Devotion verbunden, er ist der Einzige, der eine direkte Verbindung zu Gott hat. Seine Rolle besteht darin, den Weg, der zum Höchsten führt, aufzuzeigen und die Menschen zu lehren, wie man zu Gott geht, trotz der Schwierigkeiten. Die Grundlage der Lehre des Narada wurzelt im Alltagsleben. Unter den Schwierigkeiten, die einem auf dem spirituellen Weg begegnen können, muss man auch über den Einfluss, den unser Umfeld auf uns hat, reden. Können wir unseren devotionalen Wert in unserer Umgebung zum Ausdruck bringen? Gewisse Hürden hindern uns daran auf dem Weg der Devotion nicht nachzulassen. Diese Hürden haben unterschiedliche Ursprünge, sie können aus unserem sozialen und familiären Umfeld kommen oder von Wissen, das zunehmend ein wichtiges Hindernis darstellt. Zusätzlich zu den Hindernissen, die mit unserem direkten Umfeld verbunden sind, kommen gesellschaftsbedingt bestimmte materielle Ausweglosigkeiten hinzu, die uns daran hindern, das anzuwenden, was notwendig ist, um die Devotion aufrecht zu erhalten. Dennoch können wir nicht alleine außerhalb der Gesellschaft leben, von der wir abhängig sind. Ferner weiß man nie, wann und wie ein Hindernis aus unserem Umfeld auftauchen und dazwischenfunken wird, man sieht es nicht kommen.
Nun, Narada sagt uns auch, wie das Umfeld unsere Devotion unterstützt. Sich von Zeit zu Zeit mit Menschen zu umgeben, die unsere Überzeugungen teilen, hilft unsere Devotion aufrecht zu erhalten. Im Alltag müssen wir wissen, wie wir uns davor schützen, den devotionalen Wert in Frage zu stellen, wie wir vermeiden, was uns davon abrücken lassen könnte und das unterstützen, was uns ihm annähert. Wir müssen Gott unter allen Umständen und ständig wachrufen. Dafür ist es notwendig, seine Form und seine Qualitäten erinnern zu können, ohne eine Störung eindringen zu lassen. Lässt man es zu, verschwindet das Bild. Das ist das Prinzip der Anbetung und dazu brauchen wir die Unterstützung vonseiten unseres Umfeldes.
Devotion hat im Okzident die Tendenz, intellektuell zu werden, obgleich sie eine Wesensart in unserem täglichen Leben sein sollte. Bhakti Yoga spricht von Devotion wie von einer mentalen Struktur. Sie ist in uns gegenwärtig, wir müssen sie entwickeln und aufrecht halten, indem wir das Bild Gottes in unserem Geist wahren. Dafür müssen wir Gott etwas Untrennbares hinzufügen, was kein anderer Mensch besitzt, womit wir ihn automatisch wachrufen können.
Die Hindernisse sind allgegenwärtig. Um uns herum sind Menschen, die einen schlechten Einfluss auf uns haben und es ist schwierig, sich dem schlechten Umfeld in unserem Leben zu entziehen, weil das oft dazu führen würde, das ganze soziale Leben zu verlieren, was man ja nicht möchte.
Narada gibt uns einige Anweisungen: Es gibt zwei Arten von Umfeld.
- Das Umfeld, welches dieselben Werte in spiritueller Hinsicht hat: SAT SANGHA
- Das Umfeld, welches uns auf dem spirituellen Weg nicht unterstützt: DUS SANGHA
So wie Sat Sangha (das Zusammenleben mit Menschen, welche dieselben Werte haben) wichtig ist, so ist es gleichermaßen schwierig, sich in unserer Gesellschaft von Dus Sangha fernzuhalten, es auszuhalten, da es allgegenwärtig ist in unserem Leben.
Die erste Falle, die es zu vermeiden gilt, ist der sinnlich geprägte (sensorielle) Wunsch. Tatsächlich werden wir zunächst durch unsere Wahrnehmungssinne von Dus Sangha angezogen. Der erste Sinn, der unsere Anziehung heraufbeschwört, ist der Sehsinn, danach kommt der Geschmackssinn. Wenn wir vor einem leckeren Gericht sitzen, wird z.B. der Speichel durch das Sehen stimuliert, er lässt uns den Genuss erwarten. Der Mund ist abhängig vom Sehen und Schmecken, die Anregung dieser beiden Sinne entfernt uns von Gott. Wir müssen bestimmten Freuden widerstehen können, um nicht von den Wahrnehmungssinnen abhängig zu sein. Mit einigen Wünschen haben wir schon unsere Erfahrungen gemacht und können so weniger von ihnen angezogen sein und ihnen nicht mehr denselben Wert beimessen.
Bietet man mir etwas zum Essen an, das einen Geschmack in mir hervorruft, den ich sehr liebe, nehme ich es entweder an oder lehne es ab.
Gebe ich Dus Sangha nach (dem Umfeld, das uns von unserem devotionalen Weg entfernt), verliere ich das Unterscheidungsvermögen und zweifle an der Notwendigkeit des spirituellen Weges. Wenn ich mich für den spirituellen Weg entscheide gehe ich ihn mit dem Unterscheidungsvermögen und weiß, dass ich einige Dinge zurückweisen muss. Ich habe unterschieden zwischen dem was gut ist und dem was nicht. Verliert man sein Unterscheidungsvermögen beginnt die Auflösung seiner Struktur.
Gebe ich Dus Sangha nicht nach, riskiere ich, meine sozialen Bindungen zu verlieren und dies kann Frustration zur Folge haben (die Erfüllung der Wünsche/Bedürfnisse nicht noch einmal erlebt zu haben), eine gewisse Enttäuschung und im Grunde genommen Wut. "Ich spreche mir diesen Wunsch ab, weil ich mich auf dem spirituellen Weg befinde, ich habe das, was andere genießen, nicht mehr". Man muss darauf achten, dass man diese Wut nicht gegen Gott richtet, denn es handelt sich um unsere eigenen Schwächen. Die Frustration, Enttäuschung, Wut gegen denjenigen, der uns daran hindert bestimmten Vergnügungen nachzugehen, die zwar nicht sichtbar aber sehr wohl gegenwärtig sind. Es ist einfacher Gott zurückzuweisen, als sich selbst in Frage zu stellen.
Für die Entscheidungen, die man im täglichen Leben treffen muss, ist es wichtig das Unterscheidungsvermögen zu gebrauchen um zu wissen, was richtig ist und was nicht. Das Gute vom Schlechten unterscheiden kann nur der Mensch, er wird mit dieser Fähigkeit geboren. Wenn man sie verliert, ist ein Teil in uns zerstört, wir sind sogar nicht mehr in der Lage, das Gute und das Schlechte zu bemessen, da wir es nicht mehr unterscheiden werden.
Gibt man Dus Sangha nach, verliert man das Unterscheidungsvermögen und es entsteht Verlangen. Verlangen ist das Festhalten an ein Vergnügen, das kommen könnte, es ist also zukünftig, eine Erfahrung, die stattfinden wird und wenn man sich darüber nicht bewusst ist, wenn man es anzweifelt, wird es zu Frustration, zu Enttäuschung, zum Verlust des Unterscheidungsvermögens führen.
Nun, das Vergnügen Gott zu suchen ist anders und nicht vergleichbar mit den sensoriellen Vergnügungen. Auf dem Weg der Devotion erwarten wir Gott zu begegnen. Wir erwarten aber nicht gleichermaßen eine nicht-beschreibbare Freude und eine beschreibbare. Erhält man diese Freude nicht, weil es kein Konzept, kein Bild (von Gott) gibt, dann wird es keine Frustration geben. Die Hindernisse auf dem devotionalen Weg sind zahlreich in unserer Gesellschaft. Das soziale Umfeld, Freunde und Familie sind oftmals ein Hemmnis für den Devoten.
Man muss am Mental arbeiten um sich nicht beeinflussen zu lassen und den Verlockungen, die unsere Wahrnehmungssinne für uns bereithalten, nicht nachzugeben. Um die Hindernisse beseitigen zu können, müssen wir unser Unterscheidungsvermögen "pflegen", uns mit so vielen Menschen wie möglich umgeben, die dieselben Werte haben wie wir, und wir dürfen vor allen Dingen in unseren Anstrengungen nicht nachlassen, Gott in unserem mentalen Feld wachzurufen, um die Devotion in unseren alltäglichen Aktionen zu entwickeln. Unsere Devotion soll, wenn sie entwickelt, tief und aufrichtig ist, nicht durch unser Umfeld beeinflusst sein. Wenn wir den Namen Gottes hören, sollte dies uns automatisch sein Bild in unserem mentalen Feld geben.