Liebe Leserin, lieber Leser,
zum Pfingstfest am kommenden Sonntag grüße ich Sie ganz herzlich und setze ein Bild über diesen elektronischen Hirtenbrief, das ich schon lange in meinem Fundus habe. Vor Jahren habe ich's mal abgespeichert, weil es für mich so ein typisches Bild für das mühselige Geschäft ist, Kirche "unter die Leut" zu bringen. Man sieht eine uralte Kapelle, die auf einen Tieflader gepackt, über die Strasse fährt und den Standort wechselt. Damit nichts kaputt geht, ist sie gut gesichert, und damit sie heil ankommt am neuen Bestimmungort, sind viele Helferinnen und Helfer nötig. Weil's aber auch was besonderes ist, wenn ein Kirchenbau auf Reisen geht, sind auch viele neugierig Interessierte mit dabei, um das Ganze zu dokumentieren - und ganz sicher auch um darüber zu staunen.
Pfingsten - das ist das Fest, an dem wir feiern, dass Gott die Kirche "unter die Leute" bringt. Allerdings nicht in Form alter Steine und Institutionen, sondern mit der belebenden Gabe seines Geistes. Und wenn wir vom Heiligen Geist reden, dann meinen wir Gottes Wirkkraft, eine gottgewirkte Inspiration, die Menschen bewegt, befähigt und motiviert, miteinander das Leben zu teilen und dafür Kraft aus der Glaubenserfahrung zu schöpfen, die sie manchmal miteinander, gelegentlich aber auch jeweils für sich selbst gemacht haben. D a s ist Kirche, wie sie sein kann!
Leider haben wir diese Perspektive aber so selten vor Augen, wenn wir von Kirche sprechen. Das ist schade, aber es wurde den Menschen auch über Jahrhunderte so eingeimpft...
Pfingsten ist immer Voraussetzung, dann erst kommt Kirche (im Sinne der organisierten Gemeinschaft mit ihren Strukturen und Institutionen).
Pfingsten bildet die Gemeinschaft der Frauen und Männer, der Kinder und Jugendlichen, die sich von Gott geistlich ansprechen und berühren lassen. Wenn wir also Kirche sein wollen, dann nützt es nichts, nur alte Gebäude von A nach B zu versetzen. Es braucht auch die Bereitschaft, Gott an sich ran zu lassen, damit er mich ansprechen, und (im besten Sinne des Wortes) auch innerlich berühren und treffen kann. Das nennen wir "geistlich" leben - und das ist längst nicht nur was für hauptamtliche Kirchenprofis, sondern eine Haltung für jeden und jede mit dem Wunsch, Gott irgendwie näher zu kommen.
Weil ich glaube, dass das so ist, feiere ich - bei und trotz allem Kirchenfrust - immer wieder gerne Pfingsten, denn ich merke auch in unserer Andernacher Gemeinde, dass Gott viele Menschen wirklich berührt und sie bewegt, dass er in ihnen ganz vielfältig wirkt und sie umtreibt. Da gibt es viel Bereitschaft zum Engagement.Wenn ich sowas erlebe, dann regt sich in mir eine Pfingstfreude.
Gleichzeitig sind aber auch fast alle bei uns so sehr in die Dinge des Alltäglichen eingebunden, in Beruf und Familie. Andere sind durch Krankheit oder eigene Sorgen in Beschlag genommen. Da ist gar nicht so viel Platz und Raum, großes Engagement zu entwickeln.
Könnte das ein Handicap unserer Zeit sein, dass wir zwar gerne viel bewegen und bewirken wollen, aber alle gar nicht genug Zeit und Kraft dafür haben?
"Herr erwecke deine Kirche, und fange bei mir an" - das ist so ein Kirchentags-Schlager aus den 80er Jahren. Ich glaube, dass man ihn immernoch so beten kann. Sprechen, beten oder singen wir diese Worte, dann öffnen wir uns für Gottes guten Geist, den er uns eingeben will. Wir lassen uns ein auf sein Zutrauen, dass auch wir unsern Teil beitragen können zum Leben der Kirche hier am Ort - oder wo immer uns Gottes Geist im Leben hinstellt...
Also, feiern wir Pfingsten und trauen wir IHM zu,
dass er Sie und mich gut bedenken möchte.
Gesegnete Pfingsten
wünscht Ihnen
Ihr Pastor Stefan Dumont