Gemeinschaftsunterkunft an der Altkönigschule muss im September geschlossen werden

Die Tage der Gemeinschaftsunterkunft in der Schönberger Straße sind gezählt. Foto: Puck

Kronberg/Hochtaunus (kb/pu) – Als 2014 und 2015 die Flüchtlingswelle mit aller Vehemenz und den daraus resultierenden Herausforderungen über das Bundesgebiet und damit einhergehend auch über den Hochtaunuskreis und die Burgstadt hereinbrach, war das Thema nicht nur tagtäglich in den Massenmedien präsent, sondern es mussten angesichts des dringenden Handlungszwangs innerhalb kürzester Zeit Gemeinschaftsunterkünfte bereitgestellt werden.

Mittlerweile hat sich die Lage deutlich entspannt, statt 100 Flüchtlinge kommen nach Information der Kreisbeigeordneten Katrin Hechler (SPD) pro Woche nur noch zehn Heimatlose im Landkreis an, entsprechend ist auch in Kronberg die Zahl der Neuankömmlinge deutlich überschaubarer geworden und das Thema weitgehend aus den aktuellen Schlagzeilen verschwunden.

Anstehende Veränderungen

Nunmehr gibt es allerdings gleich zwei Neuigkeiten in puncto Gemeinschaftsunterkünfte für Flüchtlinge. Zum einen hat der Hochtaunuskreis im Rahmen einer Pressekonferenz im Rathaus Kronberg im Taunus mitgeteilt, dass der Betrieb der Gemeinschaftsunterkunft (GU) an der Altkönigschule nach aktuellem Stand der Dinge im September eingestellt werden muss. Kreisbeigeordnete Katrin Hechler (SPD) nannte als zwingende Gründe bauliche Defizite, Hygienemängel und auslaufende Fristen. Diese Entscheidung verschärft die Lage am eh schon mehr als angespannten Wohnungsmarkt, Wohnraum ist knapp.

Inbetriebnahme Juni 2015

Das im Besitz des Hochtaunuskreises an der Altkönigschule in der Schönberger Straße gelegene Modulgebäude
,
das während der vor einigen Jahren erfolgten Umbauphase der benachbarten Altkönigschule als Schul-Container diente
,
war im Zuge des Flüchtlingszustroms kurzfristig zur Unterbringung Asylsuchender umgebaut worden.
Die
offizielle Inbetriebnahme
der maximal 70 Personen Platz bietenden Unterkunft fand Anfang Juni vor vier Jahren statt im Wissen eines vorübergehenden Standorts statt Dauerlösung.

Hechler zufolge ist das akute Hauptproblem durch Feuchtigkeit entstanden. „Das kann nach Aussage unserer Baufachleute nicht so einfach behoben werden!“ Um angesichts der Kurzfristigkeit eventuelle kleinere Spielräume auszuloten, habe der Kreis ein Gutachten in Auftrag gegeben, ungeachtet dessen suche man gemeinsam mit der Stadt Kronberg mit allem Hochdruck nach adäquaten Unterbringungsmöglichkeiten für die insgesamt 67 Personen, die zurzeit noch in der GU leben.

Wie die Kreisbeigeordnete erklärte, werden die Flüchtlinge ohne Anerkennung, aktuell 33 Personen, durch den Hochtaunuskreis auf andere Einrichtungen verteilt. Für den Großteil sei nach ersten Planungen ein Umzug nach Oberursel vorgesehen.

Die betroffenen anerkannten Flüchtlinge (aktuell 34) fallen in den Zuständigkeitsbereich der Stadt Kronberg im Taunus und sind daraus resultierend mit Wohnraum zu versorgen. Katrin Hechler bedankte sich in diesem Zusammenhang ausdrücklich für die bisherige sehr gute und enge Zusammenarbeit zwischen der Ausländerbehörde und der Stadtverwaltung mit Bürgermeister Klaus Temmen (parteilos) an der Spitze: „Gemeinsam konnte dafür gesorgt werden, dass Integration gelingt und ich bin zuversichtlich, dass uns das weiterhin gelingt!“

Hochdruck

Nach Information des Rathauschefs arbeitet die Stadtverwaltung seit Bekanntwerden der Neuigkeit mit Hochdruck an einem Konzept zur Wohnraumversorgung der anerkannten Flüchtlinge, die, was in der breiten Bevölkerung in der Regel wenig präsent ist, ebenso Anspruch auf eine Wohnung haben, wie deutsche Wohnungssuchende. Im ersten Schritt werden die Betroffenen mit einem Schreiben informiert und zur Wohnungssuche aufgefordert und daran anknüpfend zeitnah persönliche Gespräche geführt. „Aufgrund der Erfahrungen und Erkenntnisse im Kreis und anderer Kommunen können wir davon ausgehen, dass bei Schließung der GU Altkönigschule zwar nicht alle dort lebenden und anerkannten Flüchtlinge in Kronberg im Taunus bleiben werden, jedoch muss aufgrund der hohen Anzahl der dort untergebrachten Anerkannten davon ausgegangen werden, dass wir am Ende Wohnraum benötigen werden“, erklärte Kronbergs Integrations-Dezernent Hans Willi Schmidt mit allem Nachdruck.

Deshalb will die Stadt Kronberg im Taunus die Wohnungssuchenden aktiv unterstützen. Auf Vorschlag des Magistrats sollen auch städtische Wohnungen, falls verfügbar, für die Nutzung in Frage kommen. Doch, und darin sind sich alle mit der großen Herausforderung Beschäftigen einig, sowohl der Zeitdruck als auch die seit langem mehr als angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt machen das Ganze zu einem hehren Projekt samt Wettlauf gegen die Zeit.

„Wir haben bereits eine lange Warteliste von Wohnraumsuchenden im Rahmen der Mietobergrenzen, nach momentanem Stand der Dinge liegen uns 103 Wohnungsanträge vor, das betrifft insgesamt 272 Personen“, führte Marion Bohn-Eltzholz, Leiterin des Fachbereich/ Referat „Soziales, Kultur und Bildung“ den Ernst der Lage anhand verlässlicher Zahlen in aller Deutlichkeit vor Augen. Auch dies müsse bei der Suche nach einer tragfähigen Lösungen für die anerkannten Flüchtlinge berücksichtigt werden. „Die Wahrung des sozialen Friedens ist oberste Prämisse, in Zusammenarbeit mit dem zuständigen Sozialarbeiter Günter Halt muss darüber hinaus eine ganze Reihe beachtet werden, darunter die Wohnsitzauflage (bedeutet, dass Flüchtlinge mit einer Aufenthaltserlaubnis, Aufenthaltsgestattung, einem Ankunftsnachweis oder einer Duldung verpflichtet sind, an einem bestimmten Ort zu wohnen)“, unterstrich der Integrations-Dezernent. In die Überlegungen einfließen werden demnach auch Berufsort, Ausbildungsstelle und einiges mehr. „Wir wollen uns schließlich kein weiteres Problem schaffen!“ Neben Einzelpersonen und Paaren laufen nach Schmidts Informationen unter anderem zwei Familien mit je drei Kindern und zwei Familien mit je zwei Kindern Gefahr, bald ohne Wohnraum zu sein. Die Stadt bittet daher alle, die eine Mietwohnung zur Verfügung stellen können, sich bei Antje Hofmann, Leiterin des Referats „Soziales, Jugend und Senioren“, unter der Telefonnummer 06173-7031910 oder per E-Mail an a.hofmann[at]kronberg[dot]de zu melden.

Temporäre Wohnunterkünfte

Vor diesem Hintergrund plant die Stadtverwaltung nach den Worten von Erstem Stadtrat Robert Siedler (parteilos) die Errichtung temporärer Wohnunterkünfte auf der städtischen Liegenschaft im rückwärtigen Bereich Frankfurter Straße 46/46 a (zwischen Tegut und B&K). Eine entsprechende Vorlage sei schon vorbereitet worden im Bestreben, sie noch in die laufende Sitzungsrunde einzubringen. Diesem Ansinnen habe allerdings der Magistrat die Zustimmung verweigert. Dies sieht Bürgermeister Temmen kritisch: „Aufgrund der zeitlichen Nähe bis zur Schließung der GU Altkönigschule wäre es sinnvoll gewesen einen entsprechenden Beschluss herbeizuführen. Nun wird gegebenenfalls eine Sondersitzung der Stadtverordnetenversammlung notwendig werden.“

Um in der Zwischenzeit möglichst wenig Zeit zu verlieren, werde die Verwaltung, so der Bürgermeister weiter, im Rahmen der eigenen Zuständigkeit und soweit möglich die Arbeiten fortführen, um zum Beispiel die baurechtlichen Fragen zur Errichtung einer temporären Unterkunft in Modulbauweise schon jetzt zu klären. Nach ersten Schätzungen kämen auf die Stadt Siedler zufolge etwa 1 Million Euro Kosten zu. „Auch dabei gelten gewisse Vorgaben, beispielsweise muss die Energieeinsparverordnung eingehalten werden.“ Derzeit werde geprüft, ob Kaufen oder Mieten günstiger wäre. Die finanziellen Mittel müssten im Haushalt 2020 eingestellt werden. Da selbst bei optimalem Verlauf voraussichtlich neun Monate vergehen, bis eine temporäre Unterkunft in Betrieb genommen werden könnte, müsse ebenso eine Zwischenlösung zur Unterbringung der anerkannten Flüchtlinge nach Schließung der GU Altkönigschule gefunden werden.

Keine GU Grüner Weg

Die insgesamt dritte Neuigkeit in diesem Zusammenhang betrifft die ursprünglich geplante Errichtung einer Gemeinschaftsunterkunft am Grünen Weg, die nach den Worten des Bürgermeisters und des Baudezernenten nicht mehr weiterverfolgt werden soll. Eine entsprechende Vorlage wird noch in diese Sitzungsrunde durch den Magistrat eingebracht. Die Gründe: Die Vorgabe des Stadtverordnetenbeschlusses vom 21. Juli 2017, die Baukosten für eine Gemeinschaftsunterkunft „Grüner Weg“ auf 2,3 Millionen Euro brutto zu deckeln und eine kostendeckende Vereinbarung mit dem Hochtaunuskreis zu treffen, sei aufgrund zwischenzeitlich gestiegener Baukosten nicht mehr zu erreichen.

Erster Stadtrat Robert Siedler: „Aufgrund der nicht mehr einzuhaltenden Vorgaben der Stadtverordnetenversammlung kann das Projekt GU Grüner Weg in dieser Form nicht umgesetzt werden. Darüber hinaus haben sich mittlerweile die Bedarfe zur Unterbringung von Flüchtlingen grundlegend geändert. Für uns steht inzwischen die Unterbringung anerkannter Flüchtlinge im Vordergrund. So bezieht sich die Sonderregelung zur Errichtung der GU Grüner Weg nur auf noch nicht anerkannte Flüchtlinge und Aysl-Begehrende, sodass diese für anerkannte Flüchtlinge nicht genutzt werden kann.“ Die vergebens in die Hand genommenen Planungskosten bezifferte Temmen auf etwa 200.000 Euro. „Das Problem, ohne Leistungsverzeichnis und der dadurch entstehenden Kosten ist keine Ausschreibung möglich, da sich nun die Rahmenbedingungen am Markt verändert haben, bleiben wir leider darauf sitzen.“

Der Vollständigkeit halber zur Erinnerung: Aktuell sind außer in der noch bis September betriebenen Gemeinschaftsunterkunft Schönberger Straße (Altkönigschule) nach wie vor Flüchtlinge im ehemaligen Religionspädagogischen Zentrum untergebracht. Der Entwicklung des abebbenden Flüchtlingszustroms Rechnung tragend wurde schon Ende 2016 die bis zu 600 Flüchtlingen Platz bietende hessische Erstaufnahmeeinrichtung im ehemaligen Schulungszentrum der Deutschen Bank, weit oben im Stadtwald, Oberer Aufstieg 22, geschlossen.



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