Kommentar

Miriam Westenberger

Ein herber Schlag

Es ist ein herber Schlag für die große Koalition: Zwar ist die CDU noch die stärkste Fraktion im Stadtparlament, sie hat mit vier Sitzen, von 13 auf 9 ordentlich Federn lassen müssen. Aber es ist auch ein Schlag für die SPD, die mit ihrer „sozialen Gerechtigkeit“ als Wahlkampfthema nicht punkten konnte, sondern mit einem Platz weniger im Stadtparlament ebenfalls zu den Wahlverlierern gehört. Es reicht nicht mehr zur großen Koalition aus CDU und SPD, dabei haben sie zusammen konstruktiv und kontinuierlich an Haushaltskonsolidierung und Stadtentwicklung gearbeitet. Und wenn sie den Kammermusiksaal und das Hotel noch vor der Wahl auf den Weg gebracht haben, dann war das eine Entscheidung für Kronberg und seine wirtschaftliche, kulturelle und städtebauliche Entwicklung. Alles andere hätte fünf Jahre harte wie bahnbrechende Arbeit der Entwicklung des Bahnhofs-Quartiers zunichte gemacht. Wer nah dran ist an den kommunalpolitischen Themen, sollte man meinen, würde mehr differenzieren anstatt zum Protestwähler zu werden, um das idyllische Kronberg im Hier und Jetzt zu konservieren. Keiner will Kronbergs Grün ausverkaufen. Damit Kronberg sich behutsam entwickelt und sich darüber im Klaren wird, wo und wie es Verdichtung zulassen kann, gleichzeitig aber seine Besonderheit als Kleinod im Grünen nicht verliert, wird aktuell gemeinsam mit den Bürgern ein Stadtentwicklungskonzept erarbeitet.

Aber wen kümmert es schon, dass es bald so gut wie gar keine bezahlbaren Wohnungen für junge Familien in der Stadt gibt? Dass Kronberg als Insel der Glückseligen kein Geld für seine eigene Infrastruktur hat, aber die Chance auf Kultur und Tourismus mit Kammermusiksaal und Hotel mal eben so verspielt? Hauptsache ist doch, die eigene Villa steht im Grünen und auf dem Schillerweiher schwimmt eine adrett anzusehende Nilgansfamilie. Wer schert sich schon darum, dass sie die zuvor viel größere und buntere einheimische Entenpopulation verdrängt hat? Da kann man getrost auch die Grünen wählen, die zwar auf den großen energiepolitischen Themenzug nicht aufgesprungen sind, dafür aber mit Sicherheit heute schon sagen können, dass das Hotel pleite geht und sie sich nun einmal in Kronberg vorrangig um die Bäume und vielleicht noch um das frohe Radeln in der Stadt kümmern werden. Der KfB, die ohne Zweifel fleißig war, und im Wahlkampf am geschicktesten und am lautesten geschrien hat, denen haben die Kronberger Bürger ihre Stimme gegeben, sei es weil sie das Hotel nicht wollten, sei es, weil sie überhaupt keine weitere Bebauung in Kronberg wollen, sei es weil sie keine CDU mehr wählen wollten. Die CDU hat bei dieser Wahl gleich zwei Mal verloren, an die CDU-Wähler, die Merkels Flüchtlingspolitik nicht mehr unterstützen wollten und an die Protestwähler in Kronberg. Das hat die FDP zu Wahlgewinnern gemacht und die KfB zu Hauptgewinnern, sieht man ihren Sitzeanstieg von zwei auf sechs. Ob sie deshalb, nun neben der SPD zur zweitstärksten Fraktion im Stadtparlament aufgestiegen, in Regierungsverantwortung kommt, bleibt zu bezweifeln, denn eine Zusammenarbeit mit den Wahlgewinnern kann sich oder wollte sich – zumindest am Sonntagabend hinter vorgehaltener Hand – keine der Parteien so richtig vorstellen. Schließlich gab es mit der KfB schon mal eine Viererkoalition, die zerbrach und die noch heute allen Beteiligten bitter aufstößt. Zu vermuten ist, dass sich die ehemalige Koalition, deren Zusammenarbeit harmonisch war, einen dritten Partner mit ins Boot holt. Den Partner, mit dem es in den wichtigen Themen wie Haushaltskonsolidierung und Stadtentwicklung die größten Schnittstellen gibt.

Spannend bleibt in jedem Fall, wie die KfB sich nun mit sechs Stimmen statt zwei im Stadtparlament entwickelt: Wird sie eigene Themen anstoßen und dafür im Stadtparlament Mehrheiten finden? Oder wird sie den Kurs der Klientelpolitik sowie der Ignoranz gegenüber demokratisch gebildeten Beschlüssen fortfahren. Dieser Kurs führte längst dazu, dass ihre durchaus ernsthafte wie fleißige Arbeit an Basisthemen in den Ausschüssen, selbst wenn in der Sache begründet, selten honoriert wurde.



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